Wissenschaften

Ein literarisches Roadmovie durch die Welt der Klassik

F?r Eric Siblin brechen neue Zeiten an, als er, statt auf ein Rockkonzert zu gehen, ein Cello-Suiten-Konzert von Johann Sebastian Bach besucht. Vom ersten Augenblick an nimmt den fr?heren Popmusik-Kritiker die klassische Musik gefangen und f?hrt ihm den Moment magischer Vollkommenheit vor, wie sie nur solch ein Instrumentalst?ck zu vermitteln vermag. Umso erstaunlicher ist es f?r Siblin, als er erf?hrt, dass kaum etwas ?ber die Cello-Suiten bekannt ist - selbst ihr Ursprung (irgendwann nach 1720) und der "Stein des Ansto?es" liegen im Halbschatten, umrankt von Legenden und R?tseln, die selbst Experten Kopfzerbrechen bereiten. F?r Siblin steht an jenem sch?nen Herbsttag fest: Er m?chte das Geheimnis der sechs Cello-Suiten ergr?nden und begibt sich daf?r auf eine facettenreiche Spurensuche.

Siblin wandelt w?hrend seines Buches durch drei Jahrhunderte Rezeptionsgeschichte und verwebt wie Bachs Suiten verschiedene Ebenen miteinander, die den Leser in die bedeutendsten und meistgespielten Solost?cken f?r Streichinstrumente eintauchen lassen. Er beginnt im 18. Jahrhundert und sp?rt Bachs Leben nach, das durch Schicksalsschl?ge und Entt?uschungen immer wieder ersch?ttert wird und einen der gr??ten Komponisten unserer Zeit an sich selbst (ver-)zweifeln l?sst. Keine unbegr?ndete Angst, wie man im Laufe von "Auf den Spuren der Cello-Suiten" erkennen muss, denn zeitlebens wird Bach zwar als Virtuose, Organist und Orgelinspektor hochgesch?tzt, allerdings waren seine Werke nur einem relativ kleinen Kreis von Musikkennern bekannt. Darin liegt wom?glich auch der Grund, weshalb seine Werke bis Mitte des 19. Jahrhunderts in der breiten ?ffentlichkeit in Vergessenheit gerieten und kaum ?ffentlich aufgef?hrt wurden. Erst mit Pablo Casals sollte sich dieser Zustand ?ndern.

Der weltber?hmte Cellist trug die Cello-Suiten ?ber die Grenzen Spaniens in die ganze Welt hinaus und beendete damit ihr Schattendasein. Es ist nicht nur der Beginn eines neuen Jahrhunderts, sondern auch einer neuen musikalischen ?ra, denn wie kaum ein anderer fand Casals f?r seine Interpretation der "Suiten f?r Violoncello solo" vor einem Publikum Beachtung, dem bis dato die Musikst?cke weitgehend unbekannt waren. Und auch Casals? Leben liest sich wie ein K?nstlerdrama, das an einen wundersch?nen Traum erinnert. Denn im Gegensatz zu Bach wurde Casals schon zu seinen Lebzeiten die Anerkennung zuteil, die ihm aufgrund seiner unvergleichlichen musikalischen Darbietungen geb?hrte. Und endlich beginnt auch f?r Bachs Cello-Suiten ein neues Dasein im Ruhmeslicht.

Eric Siblin wandelt in "Auf den Spuren der Cello-Suiten" so hingebungsvoll, mitrei?end und begeisternd auf den Bahnen Bachs und seiner Werke, dass der Gedanke, er sei einst ein Popmusik-Kritiker gewesen, geradezu abwegig erscheint. Selten war klassische Musik so gelungen verwoben mit Einzelschicksalen und moderner Rezeption wie in diesem Buch, sodass man nach der Lekt?re einzig das Bed?rfnis hat, in das n?chstgelegene Musikgesch?ft zu gehen und Bachs Werke aufzukaufen. "Auf den Spuren der Cello-Suiten" ist ein Opus ?ber Johann Sebastian Bach, eines ?berragenden Komponisten, der zeit seines Lebens um Anerkennung k?mpfen musste. Und aus eben diesem Grunde wird nicht nur Eric Siblins Stimme im Leser nachhallen, sondern stets auch die Cello-Suiten, die auch lange nach dem letzten Ton in Erinnerung bleiben.

Susann Fleischer
14.06.2010

 
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Das Buch:

Eric Siblin: Auf den Spuren der Cello-Suiten. Johann Sebastian Bach, Pablo Casals und ich. Aus dem Englischen von Christine Heinzius

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München: Irisiana Verlag 2010
384 S., € 19,95
ISBN: 978-3-424-15041-4

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