Wissenschaften
Europäische Entscheidungsschlachten
Der Homo sapiens ist als kampfeslustiges Wesen seit Menschengedanken und damit seit Jahrtausenden in kriegerische Handlungen verwickelt. Zweck ist in aller Regel die Befriedigung der menschlichen Gier, in Aussicht stehende Reichtümer oder Landgewinne sind Motivation genug, um sich auf dem Schlachtfeld mit dem Feind zu duellieren. Viele Kriege kennt die europäische Geschichte, manche verliefen blitzartig, andere dauerten Jahrzehnte oder erstreckten sich sogar über Generationen hinweg. Das Element der Entscheidung ist schließlich dasjenige, worauf die Kriegshandlungen hinauslaufen. Es gilt, die Entscheidung herbeizuführen, ein Erzwingen hingegen kommt oftmals dem Feind zugute. Kluges Abwägen ist daher zwingend bei kriegerischen Aktivitäten geboten, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Der Militärhistoriker Klaus-Jürgen Bremm hat unter dem Aspekt der Entscheidung durch singuläre Schlachten die europäische Kriegsgeschichte unter die Lupe genommen und dabei zwölf bedeutende Schlachten identifiziert, die einerseits in der Retrospektive entscheidenden Charakter im Kontext des jeweiligen Krieges hatten und die andererseits dezisionistisch angelegt waren. Mit anderen Worten hatte mindestens eine der beiden beteiligten Parteien die klare Absicht, mit dieser Schlacht eine Entscheidung herbeiführen zu wollen. Herausgekommen ist dabei mit "Die größten Schlachten der Geschichte" ein prächtiger und hochwertiger Band, der bei Theiss, einem Verlag der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, erschienen ist.
Nach einer kurzen Einleitung durch den Autor, in der er seine Auswahlkriterien herleitet und diese sogleich auch beispielhaft an einigen der ausgewählten Schlachten belegt, geht das vorliegende Werk direkt in medias res. Die zwölf Schlachten erstrecken sich über einen Zeitraum von knapp zweieinhalbtausend Jahren, beginnend mit der Seeschlacht von Salamis zwischen Griechen und Persern, endend mit der Ardennenoffensive der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Letztere eine Schlacht, in der Hitler die Entscheidung zu erzwingen versuchte, zweifelsohne mit erfolgreichem Ausgang, obgleich nicht mit dem vom Agitator gewünschten Ergebnis. Aus der vorchristlichen Zeit nimmt sich Bremm noch die aus römischer Sicht erfolgreichen Schlachten von Zama und Alesia vor. In den langen Kriegen gegen Karthager und Gallier waren beide mehr als Wendepunkte, nämlich kriegsentscheidende Schlachten.
Anschließend vollführt der Autor einen großen Sprung bis ins frühe Mittelalter, dem er mit der Schlacht auf dem Lechfeld und zwei weiteren Scharmützeln drei Kapitel widmet. Deutlich intensiver und kriegerischer wird es schließlich wieder ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert und den beiden darauffolgenden Jahrhunderten. Hier stechen in punkto Bekanntheitsgrad die Seeschlacht von Trafalgar unter dem britischen Admiral Nelson und Napoleons Waterloo heraus. Zwischen 15 und 30 Seiten gestattet Klaus-Jürgen Bremm den einzelnen Kapiteln, in denen der Autor zunächst den historischen Kontext ausbreitet und dann sehr fundiert mit entsprechenden Belegen berichtet. Der Textteil wird in optimalem Maße durch Abbildungen graphisch unterstützt, so dass man als interessierter Leser rundum informiert wird und die Inhalte angemessen konsumieren kann.
Abgerundet wird "Die größten Schlachten der Geschichte" durch ein Quellenverzeichnis sowie eine Übersicht mit weiterführender Literatur zu den einzelnen historischen Schlachten. Sehr hilfreich ist ein umfängliches Personenregister, das einem immer wieder auf die Sprünge hilft, sollte einmal der Überblick über die vielen handelnden Personen verloren gegangen sein. Klaus-Jürgen Bremms duale Ausbildung als studierter Historiker und ehemaliger Bundeswehr-Offizier hat dem vorliegenden Werk sicherlich gutgetan. Er fügt hiermit seinem beachtlichen Opus bisheriger Bücher ein gleichermaßen historisch fundiertes als auch leicht zu konsumierendes Werk hinzu, für das an alle geschichtsinteressierten Leser eine klare Kaufempfehlung auszusprechen ist.
Christoph Mahnel
11.04.2023