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Meisterliche Spannung im Ferienidyll

Jonathan Jessen steht vor dem Scherbenhaufen seines Lebens: Seine ?ber alles geliebte Tochter Giselle stirbt bei einem Unfall, als sie von einem betrunkenen Jugendlichen ?berfahren wird. Im anschlie?enden Prozess wird dieser nur geringf?gig und keineswegs angemessen bestraft. Jessen wird mit der Zeit immer introvertierter. Seine Ehe scheitert, woraufhin er sich eine Auszeit nimmt und Deutschland den R?cken kehrt. Schlie?lich landet er auf einem heruntergekommenen Landgasthof in der Toskana, wo die ?hnlichkeit von Sofia, der blinden Tochter der Besitzer, mit Giselle urpl?tzlich Jonathans Lebensgeister neu befl?gelt.

Alles scheint gut zu werden, nachdem Jonathan und Sofia geheiratet und den Hof modernisiert haben; der ein - insbesondere f?r deutsche Touristen - gern gesehenes Urlaubsziel geworden ist. Doch eines Tages steht Jonathan dem inzwischen pensionierten Richter aus dem Prozess zu Giselles Unfalltod gegen?ber. Dieser hatte es sich mit seiner Frau als Gast auf "La Passarella" bequem gemacht. Bei einem weinseligen Abend erf?hrt Jonathan dann schlie?lich die Hintergr?nde ?ber die milde Verurteilung des M?rders seiner Tochter, was das weitere und unglaubliche Unheil seinen Lauf nehmen l?sst.

Sabine Thiesler hat mit dem der H?rbuchausgabe zugrundeliegenden Roman in k?rzester Zeit bereits ihr viertes Buch ver?ffentlicht. Auch dieses Mal dient die malerische Landschaft der Toskana als Hintergrundkulisse und d?rfte somit f?r viele Leser im Vorfeld des Sommerurlaubs ein Grund mehr sein, den Roman als Urlaubslekt?re auszuw?hlen. Des Weiteren finden sich auch dieses Mal wieder die abartigen Abgr?nde der menschlichen Psyche und das Thema des Verlustes eines sehr nahestehenden Menschen im Mittelpunkt der Geschichte. Wer also die Vorg?ngerromane von Sabine Thiesler kennt, bewegt sich zumindest inhaltlich auf altbekanntem Terrain. Dies gilt gleicherma?en auch f?r die erz?hlerische St?rke der Bestsellerautorin aus Berlin. Sabine Thiesler versteht es brillant, ihre Leser mit einer unterschwelligen und latenten Anspannung, die der anscheinend heilen Welt innewohnt, zu fesseln. Die Eruption dieser Atmosph?re ?bertrifft im vorliegenden Werk dann aber selbst die schlimmsten Erwartungen von H?rern und Lesern.

Das insgesamt sechs CDs umfassende H?rbuch wird von der Autorin selbst gelesen, was definitiv eine Besonderheit darstellt, da in der Regel bekannte und hochrangige Sprecher f?r die Vertonung von Bestsellern engagiert werden. In diesem Falle ist es jedoch keine ?berraschung, schlie?lich arbeitet Sabine Thiesler schon seit Jahren als Synchronsprecherin und hat bereits einigen namhaften Schauspielern ihre deutsche Stimme geliehen. Auch ihre drei bisherigen Romane hat sie f?r die jeweiligen H?rbuchausgaben selbst gelesen. Ihre St?rke liegt dabei ganz klar in der Emotionalit?t, mit der sie die jeweiligen Charaktere liest. Dies ist beileibe kein Wunder, denn als Autorin kennt sie wie keine Zweite die Gef?hlslage ihrer Protagonisten am besten.

Die Vertonung von "Der Menschenr?uber" l?sst f?r H?rer, die Spannung und ?berraschende Entwicklungen lieben, kaum W?nsche offen. Als H?rer klebt man f?rmlich am heimischen CD-Player, schraubt sich den St?psel des iPods noch fester ins Ohr und genie?t im Auto die n?chste Rotphase an der Ampel, um nichts zu verpassen und soviel Zeit wie m?glich damit zu verbringen, der Geschichte von Jonathan und Sofia beizuwohnen - auch wenn man wei?, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen kann bzw. aus moralischen Gesichtspunkten nehmen darf. Die Abgr?nde des Menschen finden in der Person des Jonathan Jessen einen passenden N?hrboden. Der perfide Plan des Menschenr?ubers ?bersteigt alles, was man sich im Verlauf der Geschichte vorstellen mag. Letztlich ist genau dies das gr??te Kompliment, das man der Fantasie eines Thriller-Autors machen kann. Sabine Thiesler m?chte man applaudieren und dazu bewegen, auf diesem hohen Spannungslevel weiter zu produzieren, obgleich Rahmenhandlung und Basisthema im n?chsten Werk gerne auch mal eine ?nderung erfahren d?rfen.

Christoph Mahnel
06.09.2010

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