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Teenagerjahre als Dorfschullehrerin

Die kleine rothaarige Anne Shirley, deren Mund nie stillsteht und deren Gedanken sich noch schneller zu drehen scheinen, als ihr Mund sprechen kann, wird langsam erwachsen. Anne ist nun 16 Jahre alt und übernimmt die Stelle als Dorfschullehrerin in Avonlea, um bei ihrer Ziehmutter Marilla auf Green Gables bleiben zu können. Wäre Anne mit ihrem Stipendium zum Studium in die Stadt gegangen, hätte Marilla, die mit schwindendem Augenlicht zu kämpfen hat, nicht länger alleine auf Green Gables bleiben können.

Doch egal, ob Studium in der Stadt oder Dorfschule in Avonlea - mit Anne wird es nirgendwo langweilig. In der Schule trifft sie nun teilweise auf ihre ehemaligen, jüngeren Mitschüler, teilweise sind aber auch neue Gesichter dabei, wie z.B. der kleine Paul Irving, der es Anne mit seinem wachen Geist und seiner Phantasie angetan hat. Sie sieht sich selbst in ihm und kann sich besser als jeder andere in ihn hineinversetzen.

Auch abseits der Schule gibt es neue Bekanntschaften zu machen. Annes neuer Nachbar Mr. Harrison ist ein grummeliger alter Zeitgenosse, der sich als Haustier einen Papageien hält - alles natürlich bestes Futter für den Dorftratsch. Gegenstand dessen sind auch Anne und ihre Freunde, als sie den DVV, den Dorfverschönerungsverein, gründen, mit Hilfe dessen sie ihr geliebtes Dorf auf Vordermann bringen wollen. Dazu gehört natürlich auch das Sammeln von Spenden, das sich bei einigen dorfbekannten Geizhälsen und Skeptikern als nicht so einfach erweist.

Das 1909 erstmals erschienene Jugendbuch der kanadischen Schriftstellerin Lucy Maud Montgomery ist der zweite Band aus ihrer bis heute bekannten und beliebten Anne-Reihe. "Anne in Avonlea" ist zwar über hundert Jahre alt und scheint in einer anderen Zeit zu spielen, doch so manche Ideen werden nie alt. War Annes Erziehungsmethode, bei der sie mit Freundlichkeit und Argumentationen mehr zu erreichen glaubte als mit Prügeln und Strafen, damals noch revolutionär, ist ihr pädagogischer Ansatz heute weitgehend Standard.

Lucy Maud Montgomery hat mit ihren Anne-Büchern ein Gemälde der damaligen Welt auf der Prince-Edward-Insel in Kanada gezeichnet und spotlichtartig Annes Aufwachsen sowie ihre Entwicklung als erwachsene Frau beleuchtet. Eva Mattes liest mit warmem Timbre und viel Wandlungsfähigkeit diesen Klassiker, den man thematisch heute im Bereich der "Entschleunigungsliteratur" einordnen könnte, denn hier zählt die Zeit, die man mit Menschen und nicht mit Maschinen verbringt.

Sabine Mahnel
08.04.2024

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