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"And the Killer is ..."

Die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2032 steht an. Zur Abstimmung sind nach Schanghai naturgemäß alle korrupten Granden des olympischen Zirkels angereist. Charles Murandi, IOC-Funktionär aus Mosambik, hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. In den Achtzigerjahren war er als Vertragsarbeiter in der Deutschen Demokratischen Republik tätig. Nach deren Zusammenbruch und nach seiner Rückkehr in die Heimat im Süden Afrikas machte er sich stark für sich und seine Mitstreiter, die um den hart im Osten Deutschlands erarbeiteten Verdienst geprellt worden waren. Peu à peu vollzog sich so sein Aufstieg in Mosambik, bis er schließlich als IOC-Mitglied freien Zugriff auf alle Annehmlichkeiten des Lebens erhielt.

Am Tag vor der Abstimmung liegt Charles Murandi tot in seinem Hotelzimmer, offensichtlich ermordet. Als dringend tatverdächtig wird sogleich ein deutscher Journalist präsentiert. Der für den SPIEGEL tätige Thomas Gärtner kannte Murandi seit Jahrzehnten und hatte, wie die Hotelkameras nachweisen können, Murandi kurz vor dessen Tod einen Besuch abgestattet. Bei seiner Festnahme scheint Gärtner völlig betrunken und kann sich aufgrund eines Filmrisses überhaupt nicht mehr an die letzten Stunden erinnern. Sein Schicksal scheint besiegelt, doch ein Journalisten-Kollege und eine Mitarbeiterin des deutschen Konsulats sind seine letzte Hoffnung. Werden sie ihm helfen können? Oder werden sie ihm überhaupt helfen wollen? Die Abläufe in China sind nämlich aus westlicher Sicht kaum nachvollziehbar und können sich jederzeit gegen einen wenden.

"Die Spiele" lautet der Titel des vorliegenden Krimis aus der Feder von Stephan Schmidt. Der in der hessischen Provinz geborene Autor hat bereits viele Jahre in Asien verbracht und lebt derzeit in Taiwan. Schmidt ist demnach ein exzellenter Kenner Chinas. Diese Kenntnisse hat er brillant mit der Handlung dieses Kriminalromans verwoben. Sein bisheriges Opus ist noch recht überschaubar, obgleich er bereits im Jahre 2009 mit "Grenzgang" ein viel beachtetes Debüt hingelegt hat. Die Verfilmung dieses Romans mit hochkarätigen Schauspielern war sogar mit dem Grimme-Preis bedacht worden. Für Schmidt spricht definitiv die Aufmerksamkeit hiesiger Verlage, die sich dazu entschieden haben, neben der Buchausgabe sogleich auch noch ein Hörbuch mit einer ungekürzter Lesung herausgebracht zu haben. Auf zwei mp3-CDs gibt mit Torben Kessler knapp dreizehn Stunden lang ein echter Profi das Verwirrspiel zum Besten.

Das Hörbuch verlangt dem Hörer einiges ab, vor allem viel Aufmerksamkeit. Bei den ständigen Wechseln von Ort und Zeit ist insbesondere den Kapiteleinleitungen, in denen diese genannt werden, präzise zu lauschen. Schmidt hat keineswegs Anstalten gemacht, seinen Krimi zeitlich linear zu konstruieren. Ständige Sprünge sorgen für Wechsel zwischen den Jahrzehnten, selbst der Epilog spielt zehn Jahre vor der eigentlichen Handlung. Kein Erzähler hält die Handlung zusammen, sondern es sind die wechselnd auftretenden Protagonisten, aus deren Sichten man als Hörer auf die Geschehnisse blicken darf. Den Schleier des Nebels lüftet der Autor Schritt für Schritt und steigert somit die Spannung allmählich, indem nach und nach die Zusammenhänge rund um den Mord an Charles Murandi klar werden.

Dass sich mit Stephan Schmidt ein weit gereister und mit viel Spezialwissen über China gesegneter Mann hinter "Die Spiele" steht, wird sehr schnell deutlich. Schmidt glänzt mit vielen gesellschaftlichen und politischen Themen, die hierzulande nur den wenigsten ein Begriff sein dürften. Das Schicksal der "Überzähligen" in China ist ein solches Beispiel und für westliche Gesellschaften völlig undenkbar. Auch die Geschichte der "Madgermanes", der Vertragsarbeiter aus Mosambik, wird im vorliegenden Roman für so manchen Hörer Überraschungen bereithalten. "Die Spiele" ist ein Kriminalroman, durch den man nicht nur gut unterhalten wird, sondern anschließend auch noch schlauer ist, als man es zu Beginn war.

Christoph Mahnel
18.03.2024

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