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Das letzte Halali der DDR

Ria Nachtmann hat ihre Karriere als Spionin längst beendet. Nach ihrem letzten Einsatz hatte sie sich mit Hilfe des BND in den Westen absetzen können und lebt dort mit ihrem Mann ein durchweg beschauliches Leben. Schmerzhaft sind allerdings die Gedanken an ihre Tochter Annie, die sie im Osten hat zurücklassen müssen. Als Kinderkrankenschwester hat diese prinzipiell keine Aktien in politischen oder gar geheimdienstlichen Aktivitäten. Doch als sie 1989 rund um die Kommunalwahlen in der DDR ihrer alten Liebe Michael über den Weg läuft, gerät sie ob dessen Engagement in einer Bürgerrechtsbewegung hinein in einen Sog des Widerstands gegen das jahrzehntelange Unrecht im Osten Deutschlands. Um Aufmerksamkeit für ihre Sache zu erlangen, planen sie und Michael, ein Dokumentarfilmer, Filmaufnahmen über die Bürgerbewegungen und deren gewaltsame Niederschlagung durch das Regime anzufertigen.

Doch bedarf es unbedingt professioneller westlicher Hilfsmittel, um das Vorhaben angemessen in die Tat umsetzen zu können. Annie knüpft daraufhin Kontakt mit ihrer Mutter, um eine geeignete Filmkamera in die DDR einschmuggeln zu lassen. Doch die Stasi hat Annie viel intensiver im Blick, als diese es vermutet. Überhaupt sind es turbulente Zeiten für die Geheimdienste in diesen potentiell umstürzlerischen Zeiten. So bereiten sich Kreise des KGB im Osten Deutschlands bereits auf eine Zeit nach einer Wende vor. Mittendrin in diesem diplomatischen Geschacher ist ein junger sowjetischer Oberstleutnant namens Wladimir Putin, der sich bestens darauf versteht, im Dschungel der Geheimdienste sein eigenes Netz aufzuspannen und andere Menschen entweder gewinnbringend zu benutzen oder geräuschlos zu beseitigen. In Unkenntnis des Gangs der Geschichte ist es für Ria und Annie ein Wettlauf gegen die Zeit und die Häscher, deren Atem sie bereits in ihrem Nacken spüren.

Bei der Nennung der Protagonisten wird bei Freunden der gepflegten und spannenden historischen Unterhaltung sofort der Groschen fallen, war Ria Nachtmann doch bereits in den beiden ersten Teilen der als Trilogie angelegten Reihe von Titus Müller in Aktion getreten. Zunächst als junge Angestellte im Reich von Alexander Schalck-Golodkowski war sie 1961 beim Bau der Berliner Mauer zwischen die Fronten geraten und schließlich zwölf Jahre später, als im Westen ein Kanzler über seinen Referenten stolpern sollte. In den Jahren des Kalten Krieges war es anschließend ruhig geworden um Ria Nachtmann, doch zum Finale seiner Trilogie führt Titus Müller sie in "Der letzte Auftrag" während einer der spannendsten Episoden in der deutschen Geschichte in die beginnende Wendezeit, die von erheblichen Unsicherheiten gekennzeichnet ist und in der letztlich das eine oder andere Momentum über den Gang der Geschichte entscheiden wird.

Teil drei der "Spionin-Reihe" ist natürlich ob der großen Erwartungen nicht nur als gedrucktes Exemplar erschienen, sondern auch als Hörbuch-Ausgabe bei Random House Audio. Diese haben mit Oliver Brod am Mikrofon für Kontinuität gesorgt, da der Schauspieler bereits die beiden ersten Bücher lesen durfte. Seinen Job erledigt er erneut hervorragend, insbesondere seine gelungene Intonation sowjetischer Charaktere hilft enorm beim Hören und Auseinanderhalten der handelnden Personen. Über gut zehn Stunden erstreckt sich die vorliegende und auf zwei mp3-CDs gepresste leicht gekürzte Hörbuchausgabe. Wer mehr möchte, kann sich an die ausschließlich als Download zur Verfügung gestellte ungekürzte Variante halten. Mit knapp zwölf Stunden Laufzeit fehlt dort kein einziger Satz aus der Buchvorlage.

"Der letzte Auftrag" lässt keine Wünsche übrig und Fans von Titus Müllers historischen Romanen werden sich mit dessen neuestem Werk bestätigt sehen, diesem Autor konsequent zu folgen. Er versteht es ganz hervorragend, vor historischen Hintergründen spannungsgeladene Geschichten entstehen zu lassen und diese konform mit der historischen Wirklichkeit auszugestalten. Das vorliegende Hörbuch ist ein vollends gelungener Abschluss seiner Trilogie um Ria Nachtmann, deren Wirken an den markantesten Stellen der deutsch-deutschen Geschichte vonstattenging. Mit Spannung wird zu beobachten sein, welchen historischen Epochen und Geschichten sich Titus Müller in Zukunft widmen wird. Wer von Ria Nachtmann und ihrer Trilogie begeistert war, wird dann mit Sicherheit auch wieder zuschlagen.

Christoph Mahnel
24.07.2023

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