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Sina ist zielstrebig und strukturiert. Sie gibt ihre Artikel pünktlich ab, geht regelmäßig joggen und weiß, was sie will. Doch ob sie Milos Kinderwunsch teilt, weiß sie nicht. Mit wachsenden Zweifeln beobachtet sie die Frauen um sich herum. Die mit Babybauch wecken Neid in ihr, die mit Kinderwagen so etwas wie Beklemmung. Dann verkündet Klimaaktivistin Eva Lohaus, dass man heutzutage gar keine Kinder mehr in die Welt setzen sollte. Sinas Interview mit Eva tritt einen Shitstorm los ... Was spricht heute dafür, Mutter zu werden? Verena Keßler erzählt eindringlich von der Suche nach einer Antwort auf diese eine Frage. Und über das Für und Wider von Mutterschaft. Denn Mutter werden ist (meist) nicht schwer, sein dagegen sehr. Und noch mehr, wenn man das eigene Leben über das seines potenziellen Kindes stellt.

Geburtenstopp zum Schutz des Klimas - eine völlig überzogene Forderung. Oder? Als Sina die umstrittene Lehrerin und Klimaaktivistin Eva Lohaus interviewt, stößt sie auf ihre eigenen Unsicherheiten zur Kinder-Frage, die zwischen ihr und ihrem Freund Milo seit Monaten in der Luft hängen. Er will eigene Kinder - auch auf künstlichem Wege, wenn es anders nicht klappt. Und Sina? An ihrer Schwester Mona sieht sie, wie überfordernd das Leben als Mutter sein kann. Der Sex mit Milo fühlt sich seit Langem nur noch wie Pflichttermin an, und der Druck wächst von Monat zu Monat. Und was, wenn die Lohaus recht hat? Und ihrem zukünftigen Kind ohnehin nur der Weltuntergang bevorstünde? Erst die Begegnung mit Monas neuer Nachbarin verändert unseren Blick aufs Muttersein wirklich ...

Unterhaltung zum Niederknien - das gelingt Verena Keßler mit ihren Romanen. Doch "Eva" geht weit darüber hinaus. Was rechtfertigt in der heutigen Zeit die Entscheidung, Kinder in die Welt zu setzen? Ist es okay, als Frau keinen Kinderwunsch in sich zu tragen? Und warum nimmt die ganze Gesellschaft Anteil an dieser so individuellen wie intimen Lebensentscheidung? Die Autorin verhandelt kontroverse Fragen in ihrem neuen Roman aus der Perspektive vier verschiedener Frauen - einfühlsam, scharfsinnig und hautnah am Puls der Zeit. Marie-Isabel Walke, Meike Rötzer, Inka Löwendorf und Jodie Ahlborn machen das Vergnügen aber erst perfekt. Jede Sprecherin für sich ist ein grandioses Talent, aber gemeinsam sind sie unübertrefflich. Ihnen zu lauschen, ist das schönste Glück überhaupt, inklusive Taschentuch-Garantie!

Nach nur wenigen Sätzen von Verena Keßlers Geschichten ist einem ganz schwindelig, und man fühlt sich regelrecht high. Und das aus gutem Grund: Diese bedeuten nämlich Literatur mit berauschender Wirkung. "Eva" lauscht man mit heftig klopfendem Herzen, feuchten Augen und einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. Die vier Sprecherinnen Marie-Isabel Walke, Meike Rötzer, Inka Löwendorf und Jodie Ahlborn bereiten insbesondere Frauen großes, geradezu überwältigendes Gefühlskino über mehr als fünf Stunden lang. Ihre Lesung ist Genuss pur. Danke für solch ein Geschenk!

Susann Fleischer 
27.03.2023

Verena Keßler: Eva

Sprecher: Marie-Isabel Walke, Meike Rötzer, Inka Löwendorf, Jodie Ahlborn Berlin: Der Audio Verlag 2023 Spielzeit: 337 Min., € 24,00 ISBN: 978-3-7424-2788-5

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