Romane

Eine rasante, anrührende und ungemein vergnügliche Hochstaplergeschichte

Michael Hartung ist eigentlich schon immer alles gewesen - nur nicht erfolgreich. Schon als junger Mann suchte er im Osten eher den leichten Weg. Der Ex-Eisenbahner und wenig erfolgreiche Videothekenbesitzer bekommt urplötzlich Besuch von einem Journalisten. Dieser glaubt, dass Hartung für eine spektakuläre Massenflucht gesorgt hat, bei der 127 Menschen in einem S-Bahnzug am Bahnhof Friedrichstraße in den Westen gelangten. Der Journalist hat Stasiakten entdeckt, aus denen hervorgeht, dass Hartung, der früher als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstraße gearbeitet hatte, die Flucht eingefädelt haben soll. Ganz so war das nicht, aber gegen schnell und leicht verdientes Geld hat Hartung nichts einzuwenden, also beharrt er nicht zu sehr auf den Fakten und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Nach Zahlung eines ordentlichen Honorars und ein paar Bieren ist Hartung bereit, die Story zu bestätigen. Schließlich war er noch nie bedeutend, noch nie ein Held. Und wenn es nun mal so in den Akten steht. Doch wie heißt es bekanntlich? Held werden ist nicht schwer, Held sein dagegen sehr. Wenig später reißen sich die Medien um ihn, Hartung wird vom Bundespräsidenten empfangen, seine Geschichte soll Vorlage für ein Buch und einen Kinofilm werden. Hartungs Leben fühlt sich plötzlich traumhaft und leicht an. Bis er Paula trifft, die als Kind in jenem S-Bahnzug war. Die beiden verlieben sich - und Hartung spürt, dass er einen Ausweg aus dem Dickicht der Lügen finden muss. Obwohl es dafür eigentlich schon zu spät ist. Wie kommt Hartung nur aus der Nummer wieder heraus? Fliegt seine Lüge auf?

Literatur, die auf herrlichste Art alles andere als nullachtfünfzehn ist - will man etwas Besonderes, etwas selten Brillantes, etwas geradezu Highmachenderes lesen möchte, sollte unbedingt zu einem Buch aus Maxim Leos Feder greifen. Auch "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" ist das alles, und noch vieles mehr. Was man hier in die Hände kriegt, ist Unterhaltung fernab von jeglicher Langeweile. Kaum aufgeschlagen, hat man beste Laune, grinst noch breiter als ein Honigkuchenpferd. Der Bestsellerautor veranlasst den Leser zu Freudentänzen, bringt seine Hormone in Wallung und überrascht mit einem Vergnügen par excellence. Solch ein Genuss schlägt andere Neuerscheinungen dieses Jahres teilweise um Längen. Es amüsiert über viele, viele Stunden lang, rührt aber auch zu Tränen. Wie wunderbar!

"Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" beweist: Maxim Leo gehört zu den ungewöhnlicheren, außerordentlich talentierten Geschichtenerzählern Deutschlands. Was er schreibt, macht einen gleich ab dem ersten Satz ganz schwindelig. Die Lektüre seiner Romane begeistert so sehr, dass man glatt von der Couch plumpst. Auch die seiner neuesten Veröffentlichung bringt einen schier zum Ausflippen. Es gibt definitiv nichts Grandioseres im Bücherregal!

Susann Fleischer 
28.03.2022

 
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Das Buch:

Maxim Leo: Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

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Köln: Kiepenheuer & Witsch 2022 304 S., € 22,00 ISBN: 978-3-462-00084-9

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