Romane
Ein Buch, das den heutigen Zeitgeist perfekt wiedergibt und das längst überfällig war
Der gesellschaftliche Abstieg von Olli Lebers Familie hat schon vor Jahren begonnen. Inzwischen ist das Wohnen im Berliner Zentrum für Olli und seine Eltern (fast) zu teuer geworden. Mit dem Tod des Vaters verschärft sich die schwierige Situation noch mehr. Olli schuftet auf dem Bau, um die Sozialwohnung in Pankow bezahlen zu können. Am Ende des Monats bleibt für den jungen Mann weder für eigene vier Wände, noch für ein anständiges Auto, noch für eine Freundin genug Geld übrig. Doch am Tiefpunkt kommt Olli erst an, als ein Brief ankündigt, dass die Europäische Wohnung die Siedlung gekauft hat. Plötzlich droht Olli und seiner Mutter ein Dasein auf der Straße. Man will die Häuser sanieren und für einen deutlich höheren Betrag wieder vermieten. Da braucht es schon ein Wunder bzw. die Journalistin Amelie Warlimont.
Erst vor wenigen Wochen ist Amelie zum zweiten Mal Mutter geworden. Doch zwischen Stillen, Kinderwagenschieben und Spielplatzaufenthalten findet Amelie keine Erfüllung. In investigativen Recherchen zu Falk Hagen hingegen schon. Amelie hat mit dem Politiker noch alte Rechnungen offen. Nun sieht sie die Chance gekommen, diese endlich zu begleichen. Olli derweil entwickelt einen Plan A, B und sogar C, um sich und seine Mutter vor der Obdachlosigkeit zu retten. Es braucht lediglich 700.000 Euro, um das Mietshaus zu kaufen. Die anderen Mieter aber sind ebenso blank wie Olli. Also wenn nicht ein Wunder geschieht, zum Beispiel in Form eines Lottogewinns, dann war's das. Doch wie vor knapp 200 Jahren bereits Georg Büchner forderte: "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" Olli zieht in einen Kampf David gegen Goliath ...
Alles, aber ganz sicher nicht nullachtfünfzehn oder auch nur für einen Satz langweilig - die Romane einer Eva Ladipo sind ein noch nie dagewesenes Literaturereignis, das zudem einschlägt wie eine Bombe. Was die deutsche Autorin schreibt, sorgt für Begeisterung, außerdem für Aufregung unter der Leserschaft. Ihre Bücher haben sogar das Zeug, eine Revolution anzuzetteln. "Die Räuber" sollten vor allem Berliner Immobilienmakler, Geschäftsführende von Wohnungsbaugenossenschaften und sonstige private Vermieter lesen. So mancher wird sich in den Protagonisten wiederfinden. Und das macht diese Lektüre so besonders. Sie ist ganz nah am Leben, wie es wirklich ist. Sie schönt nichts aus, ist gewürzt mit cleveren Beobachtungen von Politik und Medien, weiß aber trotzdem aufs Wunderbarste zu unterhalten. Einfach nur grandios!
Die Geschichten von Eva Ladipo sind mit der größte Spaß im Bücherregal. Diese unterhalten ab dem ersten Satz aufs Amüsanteste, lassen es aber auch an ernsten Momenten nicht fehlen. Mit "Die Räuber" erfährt man Literatur weit abseits des Mainstreams. Die Story zeigt, wie unsere Gesellschaft wirklich tickt. Sie wirft einen intensiven, zugleich schonungslosen Blick auf Deutschlands Immobilienmarkt. Und auf diesem sieht es düsterer aus als jemals zuvor. Zeit, dass sich etwas bewegt!
Susann Fleischer
31.05.2021