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Eigentlich bat Adelheid Wette ihren Bruder Engelbert Humperdinck lediglich darum, dass er einige Verse für eine private Aufführung zu dem Märchen "Hänsel und Gretel" der Gebrüder Grimm vertont. Bei der Darbietung in den heimischen vier Wänden fand das Stück solch großen Zuspruch seitens des familiären Publikums, dass die Geschwister beschlossen, ein Singspiel daraus zu machen. Humperdincks Begeisterung steigerte sich allerdings in solchem Maße, dass er aus der Vorlage eine abendfüllende Oper komponierte, die 1893 erstmals vor öffentlichem Publikum aufgeführt wurde. Susa Hämmerle erleichtert nun Kindern mit ihrem Buch "Hänsel und Gretel" den Einstieg in jene Kinderoper.

Die Geschwister Hänsel und Gretel sind gerade mit der Arbeit beschäftigt, als Hänsel ein übermächtiger Hunger befällt. Gretel bittet ihn noch bis zum Abend durchzuhalten, denn es wird bestimmt leckeren Reisbrei geben. Oder wieso hätte die Mutter sonst den Topf mit sahniger, cremiger Milch verstecken sollen? Als die Mutter heimkommt und entdeckt, dass die Kinder nicht ihrer Arbeit nachgehen, verliert sie die Geduld und jagt ihre Kinder mit einem Besen kreuz und quer durch die Küche. Dabei geht allerdings der Milchtopf entzwei, sodass es abends keinen Reisbrei geben wird. Mit einer mächtigen Wut im Bauch, schickt die Mutter Hänsel und Gretel in den Wald, wo sie Erdbeeren fürs Abendbrot sammeln sollen. Und so begeben sich die Kinder in den tiefen, tiefen Wald, um den Wunsch der Mutter nachzukommen.

Als sie sich mit einem Korb voller Erdbeeren auf den Heimweg machen, verlaufen sich die beiden allerdings und irren ziellos umher, bis sie auf ein Haus treffen, das vollständig aus köstlich duftenden Lebkuchen zu bestehen scheint. Dieses Haus gehört allerdings der bösen Knusperhexe, die die Kinder gefangen nimmt - Gretel soll für die Alte arbeiten, während Hänsel in einem Käfig hockt und solange gemästet werden soll, bis er als Braten auf dem Tisch der Hexe landen kann. Das lässt Gretel allerdings nicht zu und überlistet die Hexe, die statt Hänsel selbst im Backofen landet. Nach dieser heldenmutigen Tat sind nicht nur Hänsel und Gretel wieder frei, sondern auch die vielen anderen Kinder, die einst in die Fänge der Knusperhexe geraten sind.

Susa Hämmerle hat mit "Hänsel und Gretel" ein traumhaftes Buch kreiert, das Kindern ab fünf Jahren einen Einblick in dieses alte Volksmärchen gibt. Auch wenn das Märchen sich an dem Original der Gebrüder Grimm orientiert, so werden einige Stellen in der Geschichte vielen Kindern unbekannt erscheinen. In Humperdincks Kinderoper tritt beispielsweise das Sandmännchen auf, das die Kinder mit einer Prise Schlafsand in das Reich der Träume schickt. An anderer Stelle träumen die beiden Protagonisten von Engeln, die sie auf ihrem Weg begleiten. So gleicht sich das Märchen einerseits dem Grimm´schen Original von 1812 an und besitzt andererseits doch seine ureigenen Elemente, die es zu etwas Eigenständigem erheben.

Ferner unterstützen die Illustrationen von Peter Friedl diesen Eindruck eines außergewöhnlichen "musikalischen Bilderbuches". Die Bilder zeichnen sich durch eine malerische Dichte und zugleich Vielschichtigkeit aus, sodass Kinder beim Betrachten der dargestellten Szenen ins Träumen geraten.

Die zusätzlich beigefügte CD beinhaltet Ausschnitte aus Humperdincks Oper, welche nicht nur die Handlung künstlerisch um- und in Szene setzen, zudem beweisen die ausgewählten Stücke, dass ein Besuch in der Oper lohnenswert ist. Da die gesungenen Texte aber für fünfjährige Kinder nicht immer gut zu verstehen sind, wäre ein Booklet mit den Liedtexten wünschenswert gewesen. Zwar kennt man den Text zu "Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh?" und "Ein Männlein steht im Walde", andere Stücke hingegen wollen von den Kindern erst noch entdeckt werden.

Susann Fleischer
07.09.2009

Susa Hämmerle: Hänsel und Gretel. Kinderoper nach Engelbert Humperdinck. Mit Illustrationen von Peter Friedl

München: Annette Betz Verlag 2009
32 S., € 19,95
ab 5 Jahren
ISBN: 978-3-219-11419-5

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