Ratgeber

Knallharte Ansagen

Gleich vorweg: Das Buch ist nichts für Weicheicher und sprachliche Weichspülfreunde. Hier kommen knüppelharte Ansagen von “Mister Dialektik” (Facts 38/2002) zum Thema “Kompetenz”. Sie werden gern mal untergebuttert? Ihre klasse Ideen finden Sie von einem lieben Kollegen bestens verpackt in einer Konferenz wieder, in der über Aufstieg und Fall entschieden wird? Sie müssen eine Pressekonferenz geben, die garantiert unangenehm wird, weil Sie wenig brauchbares Material in der Hand haben und sollen, um Zeit zu schinden, eine gierige Journaille in Schach halten? Und wie schaffen Sie es endlich, Ihren Standpunkt auch in einer harten Diskussion am Rand aller Tabugrenzen durchzudrücken?
Rhetorik ist eine Seite der Medaille. Sie bringt uns ein gewaltiges Stück weiter. Doch leider nicht in jedem Fall. Zu oft werden wir ausgehebelt durch Menschen, deren Aussagen so überraschend sind, dass wir verblüfft schweigen.

Diese Sekunden nutzt das Gegenüber und wir sind abserviert. Schwarze Rhetorik hingegen ist manipulierend, mit ihr kann man Gespräche nicht nur bestimmen, sondern in die Richtung lenken, in die man selbst hinmöchte und in deren Ecke man geschickt sein Produkt stellt, das dann mit Tusch präsentiert wird: Tata! Geschafft! Und bäh!

Normalos würden solche Taktiken als verbale Guerillataktik moralisch entrüstet verurteilen, doch während sie noch darüber weinen, dass ihnen wie so oft im entscheidenden Moment ihre rhetorischen Geschütze ungeladen im Halfter stecken blieben, haben die Worthacker auf dem Chefsessel Platz genommen, lehnen sich zurück und fragen freundlich: “Na, Herr Igel, gut gerannt?” Man darf die Verwendung der schwarzen Rhetorik verurteilen, Tatsache ist aber, dass sie durch ihren Überraschungseffekt ausgesprochen effektiv ist und man nur in diesem Spiel mitmachen kann, wenn man die Regeln nicht nur genauestens kennt, sondern sie selbst gestalten darf. Wer also auf den oberen Etagen landen will, muss nicht unbedingt fies sein, aber er braucht eine gute Kenntnis der Mittel, die ihn dorthin bringen. Ob er sie dann anwendet, ist letztlich immer eine persönliche Entscheidung. Wer aber in völliger Unkenntnis einem sprachlichen Scharfschützen gegenübersteht, handelt schlichtweg ungeschickt.

Frisch ans Werk also! Augen zu und rein in das Buch des Topmanagementberaters und –trainers, der übrigens einmal Theologie studierte und seine Promotion durch journalistische Arbeit finanzierte. Eine beachtliche Anzahl erfolgreicher Großunternehmen holte Bredemeier an Bord – wer nicht die ganze Palette quer durch alle Hierarchien draufhat, darf gerne daheim bleiben und Strümpfe stricken.

Das Buch gliedert sich in die Definition des Begriffs “Schwarze Rhetorik”, es folgen die Grundregeln, danach geht Bredemeier auf mögliche Fallen ein (Sie ahnen gar nicht, was für Lücken sich auftun können!), ehe es eingedenk des alten Managerspruchs “Wer fragt führt” an die Fragetechniken geht. Im letzten Kapitel wird die Appelltechnik vertieft. Wie alle Bücher des Orell Füssli Verlages ist auch dieses optisch sehr gut gestaltet, übersichtliche Gliederungen sind ebenso selbstverständlich wie eine problemlose Identifizierung durch Kursivierungen. Es ist ein Arbeitsbuch, also finden sich zahlreiche Beispiele (und Gegenbeispiele!) und eine beachtliche Anzahl an Übungen. Ohne Training können Sie schwarze Rhetorik (wie alle Rhetorik!) komplett vergessen, also sind die Übungen sehr wichtig und dementsprechend nehmen sie berechtigten Raum ein. Wer sich einmal einem Seminar mit Bredemeier gestellt hat, wird die Vorteile des Buches genießen: Im stillen Kämmerlein erwartet es nicht binnen Sekundenbruchteilen eine finale Bombenantwort.

Da darf man noch üben. Im wirklichen Leben hat man dann die passende Replik, wenn einem ein Scherzkeks in die Rede fährt, man weiß, wie man einen Trupp genervter Kollegen im Meeting zum Abnicken bringt, ist bestens geübt im Umgang mit Fragen, damit man sich nicht selbst ins Knie schießt und die Gesprächsführung abgibt. Und man hat mindestens 30 gute Tricks drauf, wie man öden Langweilern Schwung in die Bude macht und ihnen zeigt, dass jetzt der Moment für einen Wechsel reif ist. Das Buch ist ein Muss für alle Aufsteiger und sei es nur, damit man gewappnet ist für den Fall der Fälle, dass das “feindliche Gegenüber” seinen Rhetorikkurs bei Bredemeier schon hinter sich hat …

-csc
07.02.2003

 
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Das Buch:

Karsten Bredemeier: Schwarze Rhetorik. Macht und Magie der Sprache

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Zürich: Orell Füssli 2002
192 S., € 24,50
ISBN: 3-280-05019-7

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