Glossen & Berichte und Sammelrezensionen

Stahlindustrie in Deutschland vor 100 Jahren

Europas modernste Drahtstraße steht heute in Duisburg. Seit 100 Jahren wird in dieser Stadt Walzdraht produziert, zunächst in Hochfeld und jetzt am Standort Ruhrort. ArcelorMittal nimmt das Jubiläum zum Anlass, zurückzublicken auf die Anfänge der Walzdrahterzeugung in Duisburg, an der der schlesische Industrielle Guido Graf Henckel Fürst von Donnersmarck maßgeblich beteiligt war. Aber auch die technische Entwicklung der Drahterzeugung vom Mittelalter bis zu den jüngsten Anlagen wird überblicksartig dargestellt. Ergänzt werden die wissenschaftlichen Beiträge durch eine Fotodokumentation der neuen Drahtstraße und durch drei Filme auf DVD mit historischen und aktuellen Aufnahmen zu Duisburger Drahtstraßen. In bewegten Bildern ist das ambitionierte Neubauprojekt zu sehen und daneben zwei historische Industriefilme aus den 1960er-Jahren. Der Industriefilm Die Niederrheinische Hütte, Duisburg von 1963 präsentiert mit jazziger Musik eindrucksvolle Aufnahmen jenes Hüttenwerks am Rhein mit der ältesten Drahtstraße von 1913.

ArcelorMittal (Hrsg.): 100 Jahre Walzdraht aus Duisburg
Essen: Klartext 2014
S. 128, € 16,95
ISBN: 978-3837512502


Der Großunternehmer August Thyssen verstand sich zeitlebens als Bürger. Wie brachte Thyssen seine Existenz als ökonomischer Akteur, sein Selbstverständnis als Bürger und seine persönlichen Lebensentwürfe und Erwartungen in Einklang? Welche bürgerlichen Leitbilder wirkten auf die konkrete Lebensführung zurück? Welche Zäsuren gab es im notwendigen Zusammenspiel von Biographie und Lebensführung? Welchem Wandel unterlag das bürgerliche Leben zwischen den Generationen? Die sozialhistorische Biographie beschreibt das Leben eines namhaften Wirtschaftsbürgers im sozialen, ökonomischen, kulturellen sowie politischen Kontext seiner Zeit. Nachdem der Lebensweg Thyssens und die Anforderungen des bürgerlichen 'Wertehimmels' in den Jahren seines ökonomischen und sozialen Aufstiegs vorzüglich miteinander korrespondierten und er die allgemeinen Spielregeln der bürgerlichen Gesellschaft auch später durchaus respektierte, nahm seine Lebensführung seit den ausgehenden 1870er Jahren Formen eines bürgerlichen Eigenwegs an. Es waren vor allem die spezifischen Familienbedingungen, die ihn ein Leben führen ließen, das sich von den Biographien anderer Großunternehmer zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik unterschied, und die mit dazu beitrugen, dass sich sein Lebensentwurf, der auf eine Dynastiebildung hinauslief, nicht verwirklichen ließ.

Jörg Lesczenski: August Thyssen 1842-1926: Lebenswelt eines Wirtschaftsbürgers
Essen: Klartext 2008
414 S., € 39,90
ISBN: 978-3898619202

 
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