Sammelrezensionen und Glossen & Berichte

Gründer, Gönner und Gelehrte

Otto Stern: Physiker, Querdenker, Nobelpreisträger

Otto Stern, Quantenphysiker und Nobelpreisträger, gehört der Gründergeneration der jungen Frankfurter Universität an und begründet ihren frühen Weltruhm in der Physik. Der Mitarbeiter Albert Einsteins und geniale Experimentator kann 1914 für Frankfurt gewonnen werden. Er entwickelt hier die Molekularstrahlmethode - den Weg zur Entschlüsselung des inneren Bauplans des Atoms und legt damit die Grundlagen der modernen Quantenphysik. 1933 als Jude aus Deutschland vertrieben, wird er 1943 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet und stirbt hochgeehrt 1969 in Berkeley/USA. Kernspintomographie, Maser und Laser, Atomuhr u.a. wären ohne Otto Stern nicht denkbar.

Horst Schmidt-Böcking und Karin Reich geben in der Biografie "Otto Stern" nicht nur einen fundierten Einblick in ein großes Forscherleben, sondern auch in die Geschichte der Erkundung des Atoms.

Horst Schmidt-Böcking, Karin Reich: Otto Stern. Physiker, Querdenker, Nobelpreisträger
Societäts-Verlag, Frankfurt 2011
200 S., € 14,80 (D) / € 15,30 (A) / sFr 26,00 (CH)
ISBN: 978-3-942921-23-7

 

Wilhelm Merton. Ein Weltbürger gründet eine Universität

Wilhelm Merton, geboren als William Moses, Jude, Großhändler, Konzernlenker mit globalen Ambitionen und weltweitem Einfluss, Mäzen und Philanthrop, Sozialreformer, Konvertit sowie Großbürger mit liberaler Gesinnung ist eine der spektakulärsten Persönlichkeiten Frankfurts in Wilhelminischer Zeit. Er mied die Politik und beeinflusste doch nachhaltig das politische Klima dieser Stadt. Sein Institut für Gemeinwohl war Sammelstelle und Ideenschmiede der deutschen Sozialreform. Er war nicht nur maßgeblich an der Gründung der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften und der Frankfurter Universität beteiligt, sondern setzte auch deren Öffnung zu den modernen Sozialwissenschaften durch. Mit seinem Engagement schuf er das Klima, in dem unter anderem Max Horkheimers und Theodor W. Adornos Institut für Sozialforschung aufblühte und sich zur weltberühmten Frankfurter Schule ausbilden konnte.

Die mit Zitaten Mertons und seiner Zeitgenossen angereicherte Biografie erzählt vom Lebensweg des in Frankfurt verwurzelten Weltbürgers.

Ralf Roth: Wilhelm Merton. Ein Weltbürger gründet eine Universität
Societäts-Verlag, Frankfurt 2010
192 S., € 14,80 (D) / € 15,20 (A) / sFr 25,00 (CH)
ISBN: 978-3-7973-1245-7

 

Theodor W. Adorno: Philosoph, Musiker und pessimistischer Aufklärer

Theodor W. Adorno (1903 - 1969) gehört zu den bedeutendsten Philosophen und Soziologen des 20. Jahrhunderts. Seine Gedanken waren auch und besonders für die Frankfurter Goethe-Universität, an der er lehrte, höchst prägend, gilt er doch neben Max Horkheimer als Begründer und Hauptvertreter der "Frankfurter Schule" bzw. "Kritischen Theorie". Gerhard R. Koch verfolgt in seiner Biografie Leben und Werk des Denkers auf anschauliche Weise und setzt Akzente dort, wo er das Schaffen des Musikkritikers, Musiktheoretikers und Komponisten Adorno würdigt.

Gerhard R. Koch, renommierter Kulturjournalist, mehrfach ausgezeichneter Essayist und Träger der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt, nähert sich in seinem Buch einem der prominentesten Intellektuellen, der je an der Goethe-Universität gelehrt hat und dessen Name bis heute untrennbar mit der Stadt Frankfurt verknüpft ist: Theodor W. Adorno.

Dabei gelingt ihm das Kunststück, die Komplexität seiner theoretischen wie ästhetischen Gedankenwelt in eine gut verständliche und zugängliche Darstellung zu überführen, die sich zudem in der gebotenen Kürze allen wesentlichen Lebensphasen Adornos widmet und daher für Einsteiger wie Kenner der Materie vielfältige Anregungen bietet.

Gerhard R. Koch: Theodor W. Adorno. Philosoph, Musiker und pessimistischer Aufklärer
Societäts-Verlag, Frankfurt 2013
192 S., € 14,80 (D) / € 15,20 (A) / sFr 25,00 (CH)
ISBN: 978-3-95542-018-5

 

Friedrich Dessauer: Röntgen-Pionier, Biophysiker und Demokrat

Die Röntgenstrahlen waren die aufregendste Entdeckung seiner Jugend. Schon als 14-Jähriger baute der von allem Technischen begeisterte Friedrich Dessauer einen Röntgenapparat in seinem Zimmer nach. Seinen Wert für die medizinische Diagnostik erkannte er in den ersten Semestern seiner Studienzeit, als er an das Krankenbett seines älteren Bruders gerufen wurde und die Ärzte eine tödliche Krankheit diagnostizierten. Er brach sein Studium ab und gründete noch minderjährig er eine Firma für Röntgenapparate. Erst mit 34 Jahren holte er seine Promotion nach und gründete bald darauf an der Universität Frankfurt ein Institut, aus dem das heutige Max Planck Institut für Biophysik hervorgegangen ist.

Fundiert, umfassend und zugleich mit Blick fürs Detail stellt Anne Hardy den beeindruckenden Werdegang Friedrich Dessauers (1881-1963) dar: er war nicht nur ein begabter Physiker und Mediziner, sondern auch ein sozial engagierter Unternehmer, Gelehrter und Dozent an der Universität Frankfurt, Abgeordneter der Zentrumspartei in der Weimarer Zeit und nicht zuletzt auch Publizist. Dass im vorliegenden Band "Friedrich Dessauer" jedoch nicht nur der Forscher, sondern auch der Mensch Dessauer greifbar wird, ist unter anderem den vielen Gesprächen von Anne Hardy mit Dessauers Tochter Maria (93) zu verdanken, die zudem teils unveröffentlichtes Bildmaterial für diesen zahlreich bebilderten Band zur Verfügung stellte.

Anne I. Hardy: Friedrich Dessauer. Röntgenpionier, Biophysiker und Demokrat
Societäts-Verlag, Frankfurt 2013
216 S., € 14,80 (D) / € 15,20 (A) / sFr 25,00 (CH)
ISBN: 978-3-95542-049-9

 

Franz Adickes:  Oberbürgermeister und Universitätsgründer

Der renommierte Frankfurter Historiker Lothar Gall, selbst langjährig an der Goethe-Universität lehrend, widmet sich in seinem Buch "Franz Adickes" sorgfältig diesem herausragenden Frankfurter Bürgermeister an der Schwelle des Umbruchs zur modernen bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland. Der Werdegang und die großen Verdienste von Franz Adickes (1846 - 1915), der zwischen 1891 und 1912 Oberbürgermeister Frankfurts war, kommen hier ausführlich zur Sprache - fundiert, umfassend und zugleich mit Blick fürs Detailzeigt ihn diese Biographie als Repräsentanten des liberalen Bürgertums, als auf sozialen Frieden bedachten Kommunalpolitiker und als geschickten Universitätsgründer. In seiner Amtszeit vollzog Frankfurt den Aufstieg zur Großstadt: Mit Adickes’ Namen sind nicht nur Stadterweiterung und Modernisierung der städtischen Infrastruktur, sondern zugleich die Reform des Sozial- und Bildungswesens verbunden. Doch Höhepunkt seines Wirkens ist die Gründung der Frankfurter Universität - für deren Einrichtung Bürger der Stadt rund 20 Millionen Mark an privaten Mitteln aufbrachten. Höchste Zeit also, diese einflussreiche Frankfurter Persönlichkeit und ihre Verdienste um die Begründung einer Stiftungsuniversität in Frankfurt am Main endlich angemessen zu würdigen.

Lothar Gall: Franz Adickes. Oberbürgermeister und Universitätsgründer
Societäts-Verlag, Frankfurt 2013
168 S., € 14,80 (D) / € 15,20 (A) / sFr 25,00 (CH)
ISBN: 978-3-95542-018-5

 

Die Herausbildung einer modernen bürgerlichen Gesellschaft

Der Band behandelt einen der spannendsten Abschnitte der Frankfurter Geschichte - das Ringen um den Zuschnitt einer modernen bürgerlichen Gesellschaft vor dem Hintergrund des großen europäischen Revolutionstheaters.

Die Zeit war bestimmt von dem Ruf nach liberté, egalité und fraternité - aber auch von dem Zug zur Nation. Die Frankfurter ließen sich jedoch weder von den Wünschen französischer Revolutionsgeneräle noch von Monarchen sonderlich beeindrucken. Sie verfolgten widerständig und eigensinnig ihre eigenen Ziele: Konstitution, Republik und bürgerliche Freiheiten.

Frankfurt verdankt die deutsche Geschichte einen bemerkenswerten Weg zur politischen Moderne, der sich in einer Reihe von außergewöhnlichen nationalen Demonstrationen niederschlug - sein Symbol ist die Paulskirche, in der die erste deutsche Verfassung verabschiedet wurde.

Ralf Roth: Die Herausbildung einer modernen bürgerlichen Gesellschaft
Thorbecke, Ostfildern 2013
640 S., € 29,90
ISBN: 978-3-7995-0762-2
  

 
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