Romane

Fantastische Flucht und Entdeckungsreise

Dass Brandon Sanderson einer der beliebtesten Fantasy-Autoren der Gegenwart ist, bewies er unlängst im Rahmen einer von ihm initiierten Crowdfunding-Kampagne. Bei dieser sammelte er für neue Romanprojekte auf Kickstarter nämlich mehr als 41,7 Millionen US-Dollar ein - der mit Abstand höchste bis dato auf der Plattform erzielte Betrag. Einer dieser so finanzierten Romane ist "Das Herz der Sonne".

Nomad erwacht in einer fremden Welt und sieht sich gleich mehreren tödlichen Bedrohungen gegenüber. Denn hier gibt es nicht nur einen Tyrannen, der sein Volk grausam versklavt und Abweichler gnadenlos ermordet. Es erstrahlt auch eine tödliche Sonne, die Leben regelmäßig auslöscht und das Antlitz der Planetenoberfläche laufend verändert. Doch Nomad flieht vor einer noch viel gefährlicheren Bedrohung, die ihn durch das gesamte Kosmeer jagt. Zum Glück ist er weder ein normaler Mensch noch ist er wirklich allein.

Brandon Sanderson ist kein Autor, der sein Lesepublikum behutsam an die Hand nimmt. Stattdessen lässt er immer wieder neue Details seiner Kreation in die Handlung einfließen. So wissen seine Leserinnen und Leser am Anfang noch weniger als der auf einer fremden Welt erwachende Nomad und lernen erst nach und nach, was es mit Konzepten wie "Investitur" und "Tormentum" auf sich hat oder mit wem die Hauptfigur immer wieder merkwürdige Gespräche führt. Das macht aber auch den Reiz dieses Romans aus, der sich als eine faszinierende Entdeckungsreise in die von Sanderson erdachte Welt erweist. Dabei beweist der Autor ein weiteres Mal, dass er ein besonderes Talent für ein ausgeklügeltes Worldbuilding hat. Was den Roman phasenweise zu einem echten Pageturner macht, ist zudem Sandersons voll aufgehende Strategie, die Spannung gegen Ende der gut 50 Kapitel immer wieder geschickt zu steigern.

"Das Herz der Sonne" spielt in dem von Brandon Sanderson erdachten Kosmeer-Universum. Auch wer noch keinen Roman aus dieser Reihe gelesen hat, kann die Handlung dennoch problemlos verfolgen und das Werk des Autors mit Genuss lesen. Fans dürften aber während der Lektüre immer mehr Verbindungen zu anderen Kosmeer-Romanen - vor allem aus der Reihe "Die Sturmlicht-Chroniken" - auffallen. Dabei erweist sich das wie gewohnt mit Sorgfalt konstruierte "Magie"-System als eine Variante von früheren Schöpfungen Sandersons. Letztlich erweitert dieser Roman das Kosmeer-Universum um eine spannende und erhellende Facette, funktioniert aber auch allein bestens. Und natürlich dürfen sich Fans auf einige epische Sequenzen freuen, getreu Sandersons bekannter Devise: "Tendiere im Zweifel immer in Richtung des Großartigen."

Viele von Brandon Sandersons Romanen zeichnen durch eine Fülle von spannenden und lebendig wirkenden Charakteren aus. Hier gilt das leider uneingeschränkt nur für Nomad und mit Abstrichen für eine oder bestenfalls zwei weitere Figuren. Der Rest wirkt deutlich blasser. Das liegt auch daran, dass Sanderson sich fast ausschließlich auf die Perspektive von Nomad konzentriert und diese nur gegen Ende etwas erweitert.

"Das Herz der Sonne" ist ein richtig guter Fantasy-Roman, der das Lesepublikum herausfordert und Sandersons bekannte Stärken untermauert. Er erreicht aber nicht ganz das - zugegebenermaßen sehr hohe - Niveau seiner besten Werke. Für Fans und solche, die es werden wollen, ist der Roman jedoch dennoch - vor allem als Ergänzung zum Zyklus "Die Sturmlicht-Chroniken" - absolut empfehlenswert.

Ingo Gatzer 
08.04.2024

 
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Das Buch:

Brandon Sanderson: Das Herz der Sonne. Aus dem Amerikanischen von Michael Siefener

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München: Heyne Verlag 2024 464 S., € 24,00 ISBN: 978-3-453-27440-2

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