Erzählbände & Kurzprosa

Das notwendige Übel der Schreibkrise

Spricht ein Autor ?ber das Schreiben, so spricht er ?ber sich selbst und ?ber das, was ihn vor anderen am meisten auszeichnet: das Werken an einem Gewebe, das in seinen H?nden zu leuchtenden Stoffen wird, wenn es gelingt. Da Monika Maron aber zu bescheiden ist, um sich derart in den Mittelpunkt zu r?cken, sie dies gar als "Peinlichkeit" bezeichnet, w?hlt sie als Darstellungsform f?r ihre Frankfurter Poetikvorlesung kurzerhand die Unmittelbarkeit der Anschauung ? sie l?sst uns am Entstehen ihres n?chsten Romans teilhaben. Dass dieses Entstehen im Wesentlichen ein Scheitern ist, versucht Maron nicht zu verbergen, im Gegenteil: Im Verlaufe der Vorlesungen werden potentielle F?den f?r einen Romananfang aufgenommen und wieder fallen gelassen, verschiedene Techniken und Perspektiven werden erprobt, kurzum ? wir sehen der Autorin beim Arbeiten zu, das beileibe kein Zuckerschlecken ist. Schreiben erfordert, so lernen wir, sehr viel Geduld, H?rte gegen sich selbst, aber auch Vertrauen in die eigenen Ideen.

Desweiteren lernen wir, warum man die Menschen, die man verehrt und von denen man sich als Romanfiguren ein Bild macht, nicht kennen lernen darf. Maron folgt der Malerin und Autorin Leonora Carrington zwar bis nach Mexiko, erf?hrt dort sogar ihre Adresse, l?sst es aber tunlichst bleiben, an ihre T?r zu klopfen: "Nur, was ich von ihr und ?ber sie lesen kann, was jeder, der nach ihr fragt, erfahren k?nnte, ihre Bilder, ihre B?cher sind mein Material. Ich schreibe nicht die Wahrheit ?ber Leonora Carrington, ich erz?hle von einem Phantom." Schutzfunktion der eigene Welten bauenden Fantasie vor der stets ent-t?uschenden Realit?t.

Gute Romane basieren auf einer (meist existentiellen) Frage bzw. Idee. F?r Johanna, Marons Protagonistin, h?ngt die Antwort auf die Frage: "Was soll nun werden?" auf irgendeine Art und Weise mit dem Hund zusammen, den sie (am Schluss von "Endmor?nen") auf der Stra?e aufgelesen hat. Die Literaturw?rdigkeit des Hundes an sich und die Einmaligkeit des Mannschen, des Maraischen und des Maronschen Hundes wird postuliert und diskutiert, die Sehnsucht ins Spiel gebracht. Igor, der arrogante Russe, f?r den Johanna in einer der vielen Versionen die Aufsicht der Galerie ?bernimmt, meint, man "m?sse im eigenen Leben nur daf?r sorgen, da? es zu jeder Zeit Anf?nge gibt, gl?ckliche Anf?nge". F?r Johanna ist der Hund so ein Anfang, f?r Maron ist der Anfang des Romans, so scheint es, am Ende der Vorlesungen gefunden. Sie erz?hlt aus der Perspektive von Johannas Mann, auch wenn die m?nnliche Sichtweise etwas f?r sie vollkommen Neues darstellt, ein schriftstellerisches Experiment: "Nicht zu wissen, ob ich kann, was ich mir vorgenommen habe, scheint ?berhaupt zu den wichtigsten Voraussetzungen des Schreibens zu geh?ren, jedenfalls f?r mich."

Schreibend sich seines eigenes Schreibens vergewissern ? Monika Maron hat uns lebendiges Zeugnis eines stets neu auszuk?mpfenden Selbstfindungsprozesses gegeben, dessen Dynamik die Konstruktion eines jeden guten Buches tr?gt.

Nicole St?cker
24.08.2005

 
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Das Buch:

Monika Maron: Wie ich ein Buch nicht schreiben kann und es trotzdem versuche

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Frankfurt am Main, S. Fischer 2005
110 S., € 15,90
ISBN: 3-10-048824-5

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