Erzählbände & Kurzprosa
Den Leser sicher an der Angel
Es sind insgesamt 14 K?der, die Alfred Ernst Schmitt nach dem Leser auswirft. Damit hat der Autor den Leser sicher an der Angel. "Nachtangeln und andere Kurzgeschichten" kommt leicht lesbar daher, und die einzelnen St?cke sind auf seltsame, faszinierende Art untereinander verkn?pft.
Um es vorweg zu nehmen: Die meisten dieser Geschichten haben mit viel Wasser zu tun. Und mitunter wird, verpackt etwa in der gelungenen Schlussgeschichte "Der F?hrmann und der M?nch", seem?nnische Aufkl?rung geboten. Wer wusste bisher schon, was "Stromkenterungen" sind? Die Erz?hlkunst l?sst Raum und Zeit sp?rbar werden, wo bei dem Autor meistens einige wenige Skizzenstriche gen?gen, um die Vorstellungskraft wirken zu lassen. Wir lesen hier nicht im Barock, wir lesen im Realismus und erkennen die R?tsel umso wirkungsvoller darin.
Am auff?lligsten erscheint der Angelsport, der im 83-seitigen B?ndchen sehr gut verankert ist. "Ein besinnlicher Angelurlaub" endet an ?berraschender Stelle, "Der verfehlte Mord" lebt von einer erst sp?t entdeckten Verwechslung eines Anglers und nat?rlich hat auch das Titelst?ck "Nachtangeln" seinen sicheren Platz. "Nachtangeln" ist typisch f?r die faszinierenden Windungen, die durch die Geschichten laufen. Vom Jungen, den man f?r z?gerlich und feige h?lt, f?hrt die Verwandlung hin zum Lebensretter.
Einer der Gr?nde, weshalb das Werk spannend zu lesen ist, d?rfte in der Sprache liegen. Sie liest sich unspektakul?r und bodennah, vor allem sind die Schilderungen anschaulich und plastisch. Das gibt einen sicheren Boden, ?ber dem die Geheimnisse umso wilder wuchern und die Reize der Geschichte umso h?bscher aufbl?hen k?nnen. Ein Mord inmitten der Allt?glichkeit, das ist doch spannender als einer in einer Fantasiewelt, in der ohnehin nichts stimmt. Bei Alfred Ernst Schmitt stimmt alles.
Alles? Viele Passagen, die wie Krimi-Sequenzen zu lesen sind, erscheinen wie frisch geweckte Erinnerungen an die Jugend und ihre Abenteuerlichkeit. Kindervorstellungen tauchen da auf, verbunden mit Neugier und k?hne Fantastereien. Aber auch sie sind glaubw?rdig und echt. Schmitt f?hrt eine ruhig abgesetzte Sprache, die Schritt um Schritt setzt, was den Leser gut folgen l?sst. Da erstaunt es nicht, wenn man ihm unverhofft durch unterirdische G?nge folgt, so in den St?cken "Das Geisterschloss", "Die Geldf?lscherbande" und Verlorene Beute".
Vieles l?sst der Autor erst nach und nach erscheinen, manches wird nur angedeutet. "Die Frau in Rot" ist ein gekonnt gutes Beispiel f?r die Kunst der leisen Enth?llung, die den Leser mitzieht. Es ist, als ob sich das Auge des Lesers erst an das Dunkel der Geschichte gew?hnen m?sse. Vieles l?uft der Grenze zur Gaunerei entlang, aber l?ngst nicht alles. In "Nachtangeln" machen Nacht und Nebel neugierig auf die Entwicklung, die dann unverhofft in der Person des Neffen Fred aufscheint.
Sch?ne Erz?hlkunst. Gl?cklicherweise ist sie nicht untergegangen.
Ronald Roggen
30.05.2011
Eine Lesung aus diesem Buch finden Sie hier:
http://www.autoren-tv.de/vorschaltseiten/a_e_schmitt_intro.html