Wissenschaften

Et tu , Decime?

Der Mord an Gaius Julius Caesar am 15. März im Jahre 44 v.Chr. wird auch heute, ganze 2060 Jahre später noch als eines der bedeutendsten Attentate in der Geschichte der Menschheit bewertet. Caesar war auf dem Höhepunkt seiner Macht angekommen, hatte ganz Gallien unterworfen und schließlich auch den fragwürdigen Bürgerkrieg gegen Pompeius, in dem Römer die Waffen gegen Römer erhoben hatten, zum Ausbau seiner Machtposition genutzt. Viele Anhänger der römischen Republik beobachteten daher den Aufstieg Caesars mit größtem Argwohn, geriet doch dieses fortschrittliche Konstrukt, auf das die Römer mit so viel Stolz blickten, durch Caesar immer mehr ins Wanken. Spätestens mit der Ausrufung zum Diktator begann sich die Gegnerschaft Caesars zu organisieren. So kam es, wie es schließlich kommen musste, als an den berühmt-berüchtigten Iden des März eine Gruppe von Verschwörern das Heft des Handelns in die Hand nahm und Caesar mit etlichen Dolchhieben tötete.

Über das Attentat an Caesar ist in den vergangenen zwei Jahrtausenden viel gesprochen und geschrieben worden, Shakespeare hat dem charismatischen Römer mit "Julius Cäsar" sogar ein Theaterstück gewidmet. Insbesondere diese Darstellung des englischen Dramatikers hat das allgemeine Bild vom Attentat auf Caesar in der Neuzeit geprägt. Dabei steht insbesondere Brutus als tragischer Held im Fokus, gerade was die Vorgänge im Nachgang zu Caesars Tod betrifft. An dieser Stelle versucht der amerikanische Geschichtsprofessor Barry Strauss mit seinem neuesten Werk "Die Iden des März" leicht korrigierend einzugreifen. Strauss konzentriert sich in seiner Darstellung der Verschwörer nicht nur auf die allseits bekannten Rädelsführer Brutus und Cassius, sondern hievt Decimus ins Rampenlicht, jenen Decimus, der sich zuvor noch bei Caesars letztem Triumphzug in dessen allerengstem Gefolge Seite an Seite mit Octavian und Marcus Antonius befand.

Strauss versteht es nicht nur mit seinem breiten und tiefen Wissen als Professor für Alte Geschichte und Klassische Archäologie zu glänzen, sondern findet auch mit seiner Art zu schreiben rasch einen Zugang zum Leser. So taucht man von Anbeginn an begeistert ab in die spannende Schilderung der letzten Jahre der römischen Republik und deren Untergang. Strauss legt im ersten Teil detailliert dar, welche Ursachen die Eskalation in Caesars Opposition befeuerten, darüber hinaus stellt er die Protagonisten und deren Motive gut nachvollziehbar dar. Einem Kriminalroman gleichen im Anschluss schließlich die Schilderungen der letzten Stunden im Leben des Gaius Julius Caesar. Doch war die Republik mit dem Ableben des Diktators nicht wiederhergestellt, so dass sich eine mindestens genauso dramatische Phase für das Römische Reich anschloss, die sicherlich der Naivität der Verschwörer geschuldet war und in der insbesondere Octavian und Marcus Antonius sowohl gemeinsam als auch gegeneinander versuchten, den vakanten Stuhl von Gaius Julius Caesar einzunehmen.

Der Autor zeigt am Beispiel des Attentats an Julius Caesar eindrucksvoll auf, wie entscheidend die Fokussierung auf bestimmte Quellen für die Bewertung und Analyse der geschichtlichen Begebenheiten ist. Während Shakespeare in seinem Drama auf die Schilderung von Plutarch baute, kennt die heutige Geschichtsforschung neben diesem noch vier weitere maßgebliche Quellen zum Attentat an Caesar, namentlich Sueton, Appian, Cassius Dio und Nikolaos von Damaskus. Bei letzterem findet sich schließlich in der Beurteilung der beteiligten Akteure eine abweichende Einschätzung zu besagtem Decimus als eine zentrale Schlüsselfigur im komplexen Beziehungsgeflecht zwischen Verschwörern, deren Sympathisanten und Caesar-treuen Gefolgsleuten. Es ist eine Rarität, fundiert recherchierte geschichtliche Fakten in einer derart spannenden und packenden Schilderung verpackt vorzufinden. Darüber hinaus gelingt es Strauss auch noch, das wahrlich schwer verständliche Bäumchen-wechsel-dich-Spiel in den Tagen und Jahren nach Caesars Ermordung verständlich und nachvollziehbar zu servieren. "Die Iden des März" ist eine Blaupause für Geschichtsliteratur, die von Freunden des Römischen Reichs garantiert als Festmahl lukullischen Ausmaßes wahrgenommen wird.

Christoph Mahnel
14.03.2016

 
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Das Buch:

Barry Strauss: Die Iden des März: Protokoll eines Mordes

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Darmstadt: Theiss Verlag, Darmstadt 2016
432 S., € 29,95
ISBN 978-3-806-23266-0

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