Wissenschaften

Navigation auf hoher See

Die Geschichte der Seefahrt ist nicht weniger umfangreich als die Geschichte der zivilisierten Welt. Nicht zuletzt, weil Neugier und Erfindungsreichtum es den Menschen ermöglichten, immer neue Teile der Welt zu erobern, und sie so zu dem wurde, was sie heute ist. Genau diese Kombination ist es, die es dem Menschen ermöglicht hat, das archimedische Prinzip zu nutzen, noch lange bevor Archimedes es überhaupt formuliert hatte. Jeder Mensch kennt das Gefühl, wissen zu wollen, was hinter dem Horizont liegt und jeder Mensch kennt die Befriedigung, die er erfährt, wenn ein lange herbeigesehntes Ziel erreicht worden ist. Dabei ist es völlig zweitrangig, ob das Ziel räumlich oder zeitlich ist.

So verschieden wie die Menschen sind, so verschieden sind auch die Völker und damit verbunden die Weltanschauungen. So glaubten zum Beispiel die Polynesier, dass die Welt eine gefüllte Kokosnusshälfte ist. Das Land darin seien kleine Erdbrocken. Die Polynesier hatten also keine Angst von der Weltscheibe herunterzufallen, wie es nach dem Glauben der Mitteleuropäer im späten Mittelalter geschehen sollte, wenn man sich zu weit vom Festland entfernte. Im Gegensatz dazu galt die Aufmerksamkeit der Ägypter ausschließlich ihrem Pharao, deswegen nutzten sie Schiffe, um zum Beispiel große Lasten auf dem Nil zu transportieren, so dass den Baumeistern der monumentalen Grabmäler das Material nicht ausgehen konnte.

Bei ruhiger See taucht bei einer Distanz von etwa sechs Kilometern das Land am Horizont "unter". Wenn die Landmarken fehlen, ist die Navigation auf der offenen See nur mithilfe von Karte und Kompass gar nicht mehr möglich. So reicht bei einer Überfahrt von Europa nach Amerika theoretisch eine Kursabweichung von fünf bis sechs Grad und man kommt schnell nach Mittelamerika oder in den nördlichen Polarkreis. Die modernen Navigationsinstrumente hatten die Pioniere der Seefahrt nicht zur Verfügung, doch zum Glück existieren ja noch die Himmelskörper, an denen sie sich orientieren konnten. Wusste man überdies auch noch wie spät es ist, konnte man beruhigt lossegeln. Diese Grundregeln der Navigation haben bis heute ihre Gültigkeit. Um die eigene Position und damit auch Kurs und Geschwindigkeit zu bestimmen, schätzen erfahrene Seeleute Seegang, Strömung und Wind ab. Das bietet die Möglichkeit zu einer erstaunlich genauen Navigation, was vor allem dann wichtig ist, wenn die Sterne mal nicht zu sehen sind.

Die eigentlich trockene Materie der Navigation ist in dem Buch "Die große Geschichte der Seefahrt" von National Geographic erstaunlich verständlich dargestellt. Dabei steht die Geschichte der Seefahrt, und damit die Entwicklung dieses einzigartigen Handwerks, im Vordergrund. Historische Dokumente und Gemälde sind mal zum besseren Verständnis, mal aus ästhetischen Gründen abgebildet. So werden dem interessierten Laien, mit Hilfe von historischen Darstellungen, die aktuellen Techniken und Verfahrensweisen in der nautischen Navigation erklärt. Angemessene Erwähnung findet alles von Sichtnavigation bis zur Astronomienavigation. "Die Geschichte der Seefahrt" ist damit ein nicht ganz kleines, aber doch lesenswertes Meisterwerk, über die Geschichte der Menschheit.

Adam Vass
02.06.2009

 
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Das Buch:

Donald S. Johnson, Juha Nurminen: Die große Geschichte der Seefahrt. 3000 Jahre Expeditionen, Handel und Navigation. Aus dem Englischen von Frank Auerbach u. a.

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Hamburg: NATIONAL GEOGRAPHIC Deutschland 2008
374 S., € 49,95
ISBN: 978-3-86690-074-5

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