Hörbücher

"Stay hungry , stay foolish"

Am 5. Oktober 2011 starb im Alter von gerade einmal 56 Jahren mit Steve Jobs die neben Bill Gates einflussreichste und charismatischste Persönlichkeit dieses Planeten aus dem Bereich der Computerindustrie. Jobs war es als Firmenchef von Apple Computers innerhalb eines Jahrzehnts gelungen, die Menschheit davon zu überzeugen, einen iPod, ein iPhone und ein iPad zu benötigen. Doch stehen diese drei Produkte lediglich für Jobs' späte Phase, seine zweite Amtszeit bei Apple. Seine Wurzeln und sein bedeutungsschweres Wirken liegen in den späten Siebzigern, als er 1976 quasi in der Pionierzeit des Computers zusammen mit Steve Wozniack die Firma mit dem angebissenen Apfel gegründet hatte.

Der US-amerikanische Schriftsteller und ehemalige CNN-Chef Walter Isaacson war von Steve Jobs persönlich wiederholt gebeten worden, dessen Biografie zu schreiben. Nachdem Isaacson zunächst abgelehnt hatte, stimmte er schließlich zu, als er von Jobs' Krankheit und deren Schwere erfuhr. Isaacson spannt in seinem chronologisch aufgesetzten Werk den Bogen beginnend mit der Adoption Steve Jobs' durch Paul und Clara Jobs, dessen Zeit an Highschool und College über einige Selbstfindungsepisoden bis hin zu den ersten technischen Ideen und Realisierungen, bevor Jobs' einzigartige Karriere ihren Lauf nahm.

Viele sich um Jobs rankende Mythen rund um die Gründung Apples, wie z.B. die Herkunft des Firmennamens, sowie einige seiner legendären Zitate werden von seinem Biografen ins rechte Licht gerückt und zeitlich eingeordnet. Isaacson muss es schließlich wissen, da er für diese Biografie alleine mehr als vierzig Interviews mit Jobs geführt hat, alle weiteren mit dessen Wegbegleitern noch nicht mit eingerechnet.

In Jobs' erste Periode bei Apple fällt die Entwicklung der ersten Heimcomputer wie dem sehr erfolgreichen Apple II. Doch ihren Lauf nahm die Erfolgsgeschichte Apples erst mit dem Macintosh, dem ersten Computer mit einer grafischen Benutzeroberfläche, die die Heimcomputerwelt im Jahre 1984 revolutionierte. Allerdings geriet Jobs ein Jahr später mit Apples CEO John Sculley derart in die Haare, dass er Apple verließ und mit NeXT sein eigenes Computerunternehmen gründete und in Pixar investierte, bei dem unter Jobs' Ägide Welterfolge wie "Findet Nemo" und "Toy Story" produziert worden waren. Doch war Jobs' Bande zu Apple immer noch so stark, dass er 1997 zurückkehrte, um dort als CEO die Geschicke bis zu seinem Tode zu leiten.

In der vorliegenden gekürzten, sich aber dennoch über acht CDs erstreckenden Hörbuch-Ausgabe glänzt Sprecher Frank Arnold mit einem erstklassigen Auftritt, genau wie ihn Jobs von seinen Angestellte bei Apple eingefordert hätte. Bei der Vielzahl der auftretenden Personen wählt Arnold stets ein angemessenes Tempo, das dem Hörer ausreichend Zeit gibt, die betroffenen Personen richtig ein- und zuzuordnen. Arnolds Schilderungen werfen insbesondere bei den Passagen rund um Jobs' legendäre Produktpräsentationen derart überzeugend das Kopfkino des Hörers an, dass dieser beinahe zu glauben meint, Jobs zusammen mit seinen Produkten auf der Bühne live vor sich zu sehen.

Steve Jobs und sein "reality distortion field"

Isaacsons Beschreibungen des Steve Jobs gehen weit über das hinaus, was die breite Öffentlichkeit von dieser Jahrhundert-Persönlichkeit gesehen und gehört hat. Ohne Zweifel war Jobs ein "Magier unter den Genies", gleichzeitig aber auch derart besessen von seinen revolutionären Ideen, was schlicht damit einherging, dass sein Umfeld ihn als einen echten Widerling wahrnehmen musste. Jobs' cholerischen Ausbrüche waren fast schon standardmäßige Punkte auf der Agenda seiner Meetings, und von Menschenführung schien Jobs noch nie etwas gehört zu haben. Darüber hinaus erschien er in jungen Jahren oftmals gar nicht "business-like" auf der Arbeit, sondern eher ungepflegt und ungewaschen, ganz zu schweigen von seinen mehr als gelegentlichen LSD-Trips. Isaacson lässt einen außerdem teilhaben an einer Charaktereigenschaft Jobs', die dieser bei Gelegenheit gerne als allerletzte Möglichkeit in Meetings oder Verhandlungen einsetzte, wenn er argumentativ nicht mehr weiter wusste: Jobs begann plötzlich zu weinen! Ein jeder möge dies mal in seine eigene Welt transportieren und sich vorstellen, wie ein Chef oder Vorgesetzter in einem Meeting oder Zweiergespräch einfach zu weinen anfinge, nur weil diesem die Argumente ausgegangen sind.

Für die leidenschaftliche Sphäre, in der Jobs für seine Produkte und seine Überzeugung unterwegs war, wurde der Begriff des "reality distortion field" geprägt. Jobs litt an einer Realitätsfeldverzerrung, die allerdings letztlich ihm und anderen oftmals erst die Erreichung derjenigen Erfolge ermöglicht hatte, die zuvorderst als unmöglich betrachtet worden waren. In das "reality distortion field" fällt auch Jobs' Fähigkeit, relativ einfache Aspekte und Features neu vorgestellter Produkte als derart magisch und außergewöhnlich darzustellen, dass man diese auch so wahrnahm.

Traurig mutet dagegen der Verlauf von Jobs' Krebserkrankung an, da dieser sich zunächst, als die Krankheit höchstwahrscheinlich noch hätte besiegt werden können, einem Eingriff widersetzt hatte und stattdessen mit einer streng veganen Diät und Akupunktur versucht hatte, diese gemäß seiner ihm eigenen Überzeugung zu behandeln. Dies führte in Konsequenz wohl letztlich dazu, dass der Krebs sich rasch und schließlich tödlich in Jobs ausbreiten konnte.

Isaacson fungiert in der vorliegenden Biografie ganz und gar nicht als lobhudelnder Hofschreiber von "iSteve", sondern offenbart neben der genialen Persönlichkeit auch ganz unverfroren die Schattenseiten dieses genialen Egos. Fairerweise hatte Jobs aber Isaacson bereits in seinem Auftrag, die Biografie zu verfassen, explizit versichert, auf diesen Kontrollzwang, der ihm ein Leben lang zu eigen war, zu verzichten.

Nach über neun Stunden bester Unterhaltung müssen sowohl Apple-Fans als auch Apple-Zweifler konstatieren, dass dieser Steve Jobs tatsächlich "eine Delle ins Universum gehauen hat". Als sein Erfolgsgeheimnis und entscheidender Unterschied zu anderen Größen der Computerindustrie wie beispielsweise Microsoft lässt sich festhalten, dass es ihm stets wichtiger war, gute Produkte zu erstellen anstatt Profit zu generieren. Der - gemäß einer ehemaligen Personalchefin von Apple - "Hitzkopf mit den unwiderstehlichen Visionen" erlag seinem Krebsleiden knapp drei Wochen vor Erscheinen dieser Biografie.

Christoph Mahnel
27.02.2012

 
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Das Buch:

Walter Isaacson: Steve Jobs. Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers. Aus dem Amerikanischen von Antoinette Gittinger

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Sprecher: Frank Arnold
München: Random House Audio 2011
Spielzeit: 560 Min., € 24,99
ISBN: 978-3-8371-1373-0

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