Hörbücher

Grandioser Auftakt zu Tad Williams neuer Fantasy-Reihe

Nachdem die bisherigen Geschichten des US-amerikanischen Autors Tad Williams in fiktiven Welten ("Osten Ard", "Shadowmarch") spielten oder sich dem Bild einer Endzeitstimmung ("Otherland") widmeten, wendet sich Williams nun mit der umfassenden Reihe "Tinkerfarm", einem fantastischen Ort innerhalb der realen Welt zu. Sie wird voraussichtlich fünf Bände umfassen. Mit dem vorliegenden Hörbuch "Die Drachen der Tinkerfarm" erschien der erste Band der Geschichte: "Ordinary Farm".

Die im gottverlassenen Standard Valley gelegene Farm ist eigentlich gar nicht so gewöhnlich, wie man es aufgrund ihres Namens meinen könnte. In den umliegenden Ortschaften ranken sich zahlreiche Legenden um die Farm, denn auf dieser geht offenbar etwas Seltsames vor sich. So darf beispielsweise kein Außenstehender die Farm betreten und Tiere wie Kühe, Schweine und Schafe hat man bisher noch nie dort gesehen. Demzufolge wird dem Geschwisterpaar Lucinda und Tyler eine besondere Ehre zuteil, als ihr Großonkel Gideon Goldring sie zu einem mehrwöchigen Urlaub auf die Farm einlädt. Nur widerwillig nehmen die Kinder die Einladung an, denn lieber würden sie bei ihren Freunden die Zeit verbringen. Die einzige Alternative zur Farm wäre allerdings Mrs. Perio - Lucindas und Tylers Nachbarin, die streng riecht und deren Söhne ziemlich frech sind.

Schon während der Zugfahrt auf dem Weg zur Tinkerfarm geraten Lucinda und Tyler ins Stutzen. Sie haben von Onkel Gideon einen seltsamen Brief erhalten, der die beiden darauf vorbereiten soll, was ihnen alles während eines langen, langen Sommers bevorstehen wird. Das Unglaubliche an dem Brief: Es ist darin die Rede von feuerspeienden Kühen, vor denen man sich in Acht nehmen müsse. Aber seit wann sind Kühe wie Drachen, wenn sie doch eigentlich auf der Weide stehen, ihr Gras gemächlich kauen und ab und an kräftig muhen? Eben jenes Rätsel soll sich Lucinda und Tyler bald offenbaren. Denn kaum angekommen, schaut sich Tyler auf eigene Faust die Farm an und entdeckt dabei eher ungewollt das große Geheimnis: Die Farm ist ein Hort für fantastische Wesen. Man begegnet Einhörnern, Basilisken, fliegenden Schlangen und Greifen. Die großen Highlights sind aber der fliegende Affe und die beiden Drachen. All jene Fabelwesen haben einst tatsächlich gelebt, sind aber inzwischen ausgestorben - abgesehen von diesen letzten Exemplaren.

Dies ist ja alles schön und gut, hätten Lucinda und Tyler nicht das Gefühl, dass es da noch ein anderes Geheimnis gibt, eines, das um jeden Preis vor der Enthüllung geschützt werden muss. So fragt sich Lucinda, wie die Farm eigentlich überleben kann - ist sie doch wie ein Privatzoo, der für niemanden offensteht und daher keinen Gewinn einbringt. Wie kann dann Gideon die vielen Arbeiter bezahlen, den Tieren ihr tägliches Futter geben und die anstehenden Rechnungen begleichen? Erst als Tyler verbotenerweise in der Bibliothek stöbert und dort das Tagebuch des Begründers der Tinkerfarm findet, geht den Geschwistern ein Licht auf: Die sogenannte Verwerfungsspalte ist dafür verantwortlich. Mit einem speziellen Apparat konnte Gideon jahrelang durch die Spalte in die Vergangenheit reisen und mit wertvollen Antiquitäten wieder in die Gegenwart zurückkehren - zumindest bis vor Kurzem, denn inzwischen ist der Apparat verloren gegangen, sodass Gideon sich nicht mehr in die Verwerfungsspalte traut. Da ist für Tyler ziemlich schnell klar, dass ihm nun ein Abenteuer bevorsteht, denn schließlich sind Zeitreisen besonders spannend für einen kleinen Jungen. Er ist nämlich der einzige, der trotz des kaputten Apparates noch in die Gegenwart zurückkehren kann.

Das Ehepaar Tad Williams und Deborah Beale hat mit "Die Drachen der Tinkerfarm" einen furiosen Auftakt zu einer neuen fünfbändigen Fantasy-Reihe geschaffen, die im Nu begeisterte Anhänger finden wird - ähnlich wie die überaus erfolgreichen Romanreihen "Osten Ard", "Otherland" und "Shadowmarch". Zeichnet sich das Buch bereits durch eine spannende, atmosphärische und zugleich liebevoll-heitere Geschichte aus, wird dieser durch den Sprecher Andreas Fröhlich zusätzlich endgültig Leben eingehaucht. Glaubhaft und beinahe greifbar stellt er durch Variationen seiner Stimme unterschiedlichste Figuren des Kinderromans dar - sei es nun der junge, abenteuerliche Tyler, die zurückhaltende Lucinda, der bestimmende Gideon, der gewissenhafte Walkwell oder der arrogante Colin. Und als wären die Menschen noch nicht genug, so verleiht Fröhlich selbst der Drachendame eine Stimme, die allerdings einzig Lucinda in ihrem Kopf hören kann. Somit erscheint die Drachendame nicht als fremdes Fabelwesen, sondern als Kreatur mit Herz, die genauso Gefühle wie Liebe, Leid, Schmerz und Rache empfinden kann wie jedes andere Lebewesen. Da bleibt es nicht ausgeschlossen, dass der Rezipient des vorliegenden Hörbuches Sympathien hegt für die Drachen - schließlich sind sie nicht soviel anders als die Menschen.

Susann Fleischer
05.10.2009

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Tad Williams, Deborah Beale: Die Drachen der Tinkerfarm. Aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring

CMS_IMGTITLE[1]

Sprecher: Andreas Fröhlich
München: Der Hörverlag 2009
Spielzeit: 456 Min., € 24,95
ab 12 Jahren
ISBN: 978-3-86717-510-4

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.