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Eine scheinbare harmlose Beschattungsaufgabe hat für den zweitliebsten Kollegen von Kommissar Maigret, Inspektor Janvier, beinahe tödliche Folgen. Einige Tage, nachdem er sich in einer Pension zur Überwachung eines Kleinganoven eingemietet hat, wird er auf offener Strasse angeschossen und schwer verletzt. Da Maigret als Strohwitwer - seine Frau weilt nämlich bei ihrer kranken Schwester im Elsass - nur wenig mit sich anzufangen weiß, führt er selbstverständlich die Beschattung anstelle Janviers in der möblierten Pension von Mademoiselle Clement fort. Ein zwischenzeitlicher Erfolg hinsichtlich des von Janvier ursprünglich observierten Kleinganoven bringt die Suche nach dem Täter allerdings nicht recht voran. Maigret dreht und wendet sich, da er nicht vorwärts zu kommen scheint. Bis plötzlich einiges an Bewegung in den Fall kommt, nachdem Maigret seinen Aktionsradius über die Pension von Mademoiselle Clement hinaus vergrößert und mit seinem scharfen Beobachtungssinn das entscheidende Detail erkennt.

"Maigret als möblierter Herr" (im Original "Maigret en meublé") ist im Jahre 1951 erschienen, sozusagen ein Roman aus der Mitte der Maigretschen Schaffensphase Georges Simenons, der seine berühmten 75 Maigret-Romane von 1929 bis 1972 produzierte. Auch im vorliegenden Werk gelingen ihm wiederum reizende Charakterstudien der Bewohner aus den beiden Pensionen in der Rue Lhomond. Geradezu amüsant geschildert ist Maigrets Unbeholfenheit, sich in Abwesenheit seiner Frau amüsieren zu können, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Diogenes Bücher und Hörbücher geben einem den Eindruck, etwas Besonderes in Händen zu halten. Das unverkennbare, aber schlichte Design spiegelt höchste Qualität wieder, die sich inhaltlich in den allermeisten Fällen auch bestätigt. Mit Gert Heidenreich als Sprecher wird ein Hörbuch zum Selbstläufer, nur wenige Sprecher in Deutschland können mit ihrer Stimme seiner Erzählkraft das Wasser reichen. Dies demonstriert er in "Maigret als möblierter Herr" zum wiederholten Male. Für die meisten Hörbuchproduktionen werden heutzutage gekürzte Fassungen der Buchvorlage autorisiert und veröffentlicht. Dass eine ungekürzte Lesung wie im vorliegenden Fall kaum Längen aufweist, ist eher ungewöhnlich. Neben Simenons Vermögen, seine Werke mit einer entsprechenden schriftstellerischen Dichte zu versehen, mag es auch daran liegen, dass seine Romane in Buchform selten mehr als 200 Seiten aufweisen. Für die entsprechenden ungekürzten Lesungen ergeben sich somit Hörbücher, die im Bereich von knapp fünf Stunden liegen.

Georges Simenon hat sich mit Maigret ein Denkmal als Vater des modernen Kriminalromans gesetzt und Maigrets Ermittlungsarbeit ist mehr als vorbildlich zu nennen. So wie zum Beispiel Schachspielern zur Verbesserung ihrer Spielkunst angeraten wird, die Partien der alten Großmeister wie J.R. Capablanca zu analysieren, sollte daher ein angehender Kriminalschriftsteller dazu verpflichtet werden - quasi als Grundausbildung -, die Maigret-Romane Simenons zu lesen oder - Diogenes sei dank! - zu hören!

Christoph Mahnel
10.08.2009

Georges Simenon: Maigret als möblierter Herr. Aus dem Französischen von Wolfram Schäfer

Sprecher: Gert Heidenreich
Zürich: Diogenes Verlag 2006
Spielzeit: 280 Min., € 19,90
ISBN: 978-3-257-80043-2

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