Hörbücher

Weltliteratur für Eilige

Der verarmte Landadelige Alonso Quijano liest für sein Leben gerne Ritterromane und verliert sich regelrecht in der Welt von Ehre, Abenteuer und Edelfräuleins. Deshalb entschließt er sich eines Tages, sich selbst als fahrender Ritter in Abenteuer und Gefahr zu stürzen. Sein altes Ross tauft er auf den Namen Rosinante und sich selbst nennt er fortan Don Quijote. Auch ein Edelfräulein darf nicht fehlen; seine Jugendliebe, die er seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat, ist die Auserwählte und wird von ihm mit dem wohlklingenden Namen Dulcinea von Toboso bedacht.

Jetzt fehlen nur noch die Ritterrüstung und ein Knappe. Beides ist schnell bei der Hand: Don Quijote poliert die rostige Rüstung seiner Ahnen auf, baut sich selbst einen Helm und verspricht seinem Bauern Sancho Panza die Statthalterschaft über eine Insel, wenn er sein Knappe wird. Zwar durchschaut der kleine, dickliche Bauer, der sich auf seinem Esel reitend an die Seite Don Quijotes begibt, die Verwirrtheit seines Herrn, begleitet ihn aber trotzdem treu durch all seine Abenteuer.

Frohen Mutes und vor Selbstbewusstsein nur so strotzend, macht sich Don Quijote mit seinem treuen Begleiter auf den Weg. Er attackiert eine Hammelherde, weil er sie für ein feindliches Heer hält. Er kämpft gegen Windmühlen, die er für Riesen hält. Er bekommt meistens eins auf die Mütze und muss stets Niederlagen für seine Wahnvorstellungen einstecken, gibt aber trotzdem nicht auf und erkennt am Ende seines Lebens, als er zufrieden auf seinem Sterbebett liegt, dass all die Ritterromane doch nur Unsinn gewesen seien.

"Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha", wie die wortgetreue Übersetzung des Originaltitels lautet, gehört unumstritten zu den bekanntesten Werken der spanischen Literatur, ja, sogar der Weltliteratur. Es reiht sich nahtlos eine Reihe mit Joyce's "Ulysses" und Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" ein, die alle gleichermaßen umfangreich und daher abschreckend für den geneigten Leser sind. "Don Quijote" ist ursprünglich in zwei Bänden erschienen, 1605 und 1615, und umfasst in einer heutigen Gesamtausgabe weit über 1000 Seiten. Die Macher der neuen Hörspielfassung haben sich bei der Zusammenfassung dieses oft langatmig erscheinenden Werkes auf eine Länge von knapp drei Stunden beschränkt und damit eine gut verdauliche Version des Klassikers aus dem 17. Jahrhundert geschaffen.

Katrin Zipse (Hörspielbearbeitung) und Uta-Maria Heim (Dramaturgie und Redaktion) konnten für ihr Projekt erstklassige Schauspieler und Hörbuchsprecher gewinnen: In der Hauptrolle Christian Brückner, der Don Quijote trotz aller Verblendung eine Glaubwürdigkeit verleiht, die dem durchgedrehten Spanier zugutekommt. Als Erzähler stand Peter Fricke am Mikrofon und als Sancho Panza Daniel Zillmann.

Die neue Hörspielfassung des SWR wird als "Das große Hörspiel für alle" - also auch für Kinder - angepriesen und kann gerade wegen seiner Kürze auch Kindern ab zehn Jahren ein paar amüsante Hörspielstunden bescheren. Der tiefere Sinn von Cervantes' Werk wird sich den jungen Hörern mit Sicherheit aber noch nicht offenbaren. Für Erwachsene ist die relativ kurze Hörspielfassung eine gute Möglichkeit, ein Werk der Weltliteratur ohne großen Leseaufwand in den eigenen Erfahrungsschatz aufnehmen und von der Liste der noch zu lesenden Bücher streichen zu können.

Sabine Mahnel 
07.10.2019

 
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Das Buch:

Miguel de Cervantes: Don Quijote von der Mancha. Aus dem Spanischen von Susanne Lange

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Sprecher: Christian Brückner, Daniel Zillmann, Peter Fricke, Tina Engel u.v.a. München: Der Hörverlag 2019 Spielzeit: 173 Min., € 14,99 ab 10 Jahren ISBN: 978-3-8445-3525-9

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