Romane

Etwas ist faul im Staate …

… nein, nicht Dänemark, sondern Kroatien in dem Fall! Denn irgendetwas stimmt ganz und gar nicht im Anwesen der neuen Schwiegereltern, das wird der jungen Frankfurterin Rachel nach ihrem Hinzug ins malerische Vara?din schnell klar! Doch von Anfang an: Das Haus in Vara?din ist der zweite Teil einer Trilogie über die junge Tochter einer wohlhabenden jüdischen Familie in Frankfurt am Main, und im ersten Teil Das Haus am Mainufer folgt die junge Rachel letztendlich dem kroatischen Verlobten aus ihrem geliebten Geburtsort in dessen Heimat. Es ist das Jahr 1806, und während Goethe die Arbeit an seinem Faust wieder aufnimmt und der Kontinent von den Feldzügen Napoleons erschüttert wird, muss die junge Rachel nach der Heirat ihrer neuen Rolle als Schwiegertochter gerecht werden. Scheinbar meint es das Schicksal gut mit ihr: Sie wird mit offenen Armen empfangen und lebt sich schnell ein, allein der Hausherr begegnet ihr noch recht kühl. Doch bald merkt Rachel, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht in ihrem neuen Heim, denn die jungen Cousinen und Hausmädchen fürchten sich vor einer unheimlichen Macht - zurecht, wie sich herausstellt! Doch wer jetzt ein zitterndes Mädchen erwartet, gelähmt vor Furcht und auf den rettenden Helden wartend, wird enttäuscht: Im Gegenteil, das junge Mädchen denkt gar nicht daran, sich einschüchtern zu lassen und beschließt, hinter das unheimliche Treiben zu kommen.

Mit ihrer "Rachel"-Trilogie ist es Renata Erlac beeindruckend gelungen, den Geist der Schauerromane der Romantik, der "Gothic-Ära", wiederzubeleben: Eine sympathische und starke Frauenfigur als Protagonistin, mit der man mitfiebert, malerische Landschaften, und alte, finstere Gebäude, deren Bedrohlichkeit und modrigen Geruch in den alten Geheimgängen man förmlich greifen kann - eine Stimmung, die wahrlich Gänsehaut erzeugt, ohne dabei plakativ zu sein. Nein, vielmehr ganz subtil stellt sich das Grauen ein, immer wieder begleitet von dem "Zeitkolorit" einer Ära, als der Balkan mit seinen schönen Landschaften fast noch wild und unerschlossen auf der einen, und gediegen und dem europäischen Adel nahe stehend auf der anderen Seite war. Man merkt die Nähe und die Liebe der Autorin zu Kroatien, woher ihre Mutter stammt. In Frankfurt wohnend, vereint sie selber das Beste aus zwei Welten und erweckt mit ihren Büchern über die junge Frankfurterin die düstere Seite der Epoche der Romantik wieder zum Leben …

Gerrit Koehler
30.05.2016

 
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Das Buch:

Renata Erlac: Rachel gute Tochter. Das Haus in Varaždin

Frankfurt: Frankfurter Literaturverlag 2016
127 S., € 12,80
ISBN-13: 978-3837218350

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