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Ein Engel setzt für eine Dämonin Himmel und Hölle in Bewegung

"Spät dran am jüngsten Tag" ist das Finale der Urban-Fantasy-Trilogie um den Anwaltsengel Bobby Dollar. Der Autor Tad William dürfte Science-Fiction- und Fantasy-Fans vor allem durch erfolgreiche Serien wie "Otherland" oder "Osten Ard" ein Begriff sein. Im dritten Buch hat Bobby Dollar - der eigentlich den Engelsnamen Doloriel trägt - noch mehr Ärger als gewohnt. Denn neben den arbeitsbedingten Differenzen mit der Hölle sind auch einige himmlischen, korrupten Mächte nicht gut auf ihn zu sprechen. Zudem legt dich Bobby noch mit einer obskuren Gruppe von Fanatikern und einer alten Göttin an. Dabei will der Anwaltsengel doch eigentlich nur mit der Frau zusammen sein, die er liebt. Dummerweise handelt es sich bei dieser um eine Dämonin, die zudem noch das Lieblingsspielzeug des Höllenfürsten Eligor ist, der Bobby bereits zuvor gefoltert und übers Ohr gehauen hat. Doch Doloriel denkt gar nicht daran, so einfach aufzugeben und riskiert sogar seine unsterbliche Seele.

Tad Williams beginnt seinen Roman nicht am Anfang des Plots, sondern mit einer Gerichtsverhandlung. Dieser Vorgriff sorgt nicht nur für erzählerische Dynamik, sondern garantiert auch einen spannenden Einstieg. Dabei zeigen sich auch gleich die komischen Qualitäten des Werks. So betont der Ich-Erzähler - wie in den ersten beiden Bänden handelt es sich um Bobby Dollar alias Engel Doloriel - zunächst scheinbar stolz, dass er bei dieser Gerichtsverhandlung einen tollen Platz ergattert habe. Erst später räumt er ein, dass das einen einfachen Grund hat: Er ist der Angeklagte. Apropos Bobby Dollar: Die gelungene Gestaltung der ungewöhnlichen, schnoddrigen und immer wieder witzig sowie treffend über Gott und die Welt philosophierenden Hauptfigur ist wahrscheinlich ein Hauptgrund für den Erfolg der Serie. Tad Williams mischt hier munter Eigenschaften der berühmtesten Privatdetektive aus der Schwarzen Serie mit bekannten Urban-Fantasy-Helden und fügt noch eine gute Portion Kreativität hinzu. Keine Gefahr scheint so bedrohlich, dass Bobby nicht noch einen dummen Spruch parat hätte. Dabei ist der gute Doloriel alles andere als ein linientreuer Engel, kassiert immer wieder Prügel und gerät auch sonst regelmäßig in die Bredouille. Aber auch die Nebenfiguren überzeugen. Neben alten Bekannten wie einem verfluchten Wereber oder einem asiatischen Fuchsdämon sind dieses Mal beispielsweise auch ukrainische Amazonen mit von der Partie. Was hier nach "pulp" klingen mag, fügt sich dank lebendiger Beschreibungen nahtlos in die von Tad Williams geschilderte und realistisch anmutende Welt ein. Diese strotzt die nur so von kuriosen Ideen des Autors - wie den sprechenden und wieder besprechbaren Brieftaubendämonen, die dem Genius eines Terry Pratchett entsprungen sein könnten. Natürlich darf auch der mitreißend geschriebene Endkampf nicht fehlen - dem eine weitere packend geschilderte Auseinandersetzung in der Mitte des Buches locker das Weihwasser reichen kann.

"Spät dran am jüngsten Tag" bietet allerdings nicht ganz so viele Überraschungen wir die ersten beiden Bände der Serie. Das mag daran liegen, dass der Leser mittlerweile mit der Welt von Bobby Dollar vertraut ist und das zweite Buch immerhin größtenteils in der Hölle spielte, während hier primär die altbekannte Erde als Schauplatz dient. Zudem lüftet Tad Williams nicht alle Geheimnisse - vor allem nicht die über seine Hauptfigur und dessen Vergangenheit. Das kann für Fans der Serie aber auch eine gute Nachricht sein. Denn vielleicht gibt es irgendwann ja noch ein Wiedersehen mit dem ungewöhnlichsten Anwaltsengel der Urban Fantasy.

Mit "Spät dran am jüngsten Tag" gelingt Tad Williams ein würdiger Abschluss seiner Bobby-Dollar-Tilogie, die nicht nur eingefleischte Urban-Fantasy-Fans genießen werden.

Ingo Gatzer
19.10.2015

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