Romane
„Wer der Liebe abschwört …“
Wagners Ring der Nibelungen ist mit seinem Auftakt "Rheingold" nicht nur von zeitloser musikalischer Schönheit, sondern widmet sich auch inhaltlich Themen, die uns Menschen heute noch genauso bewegen wie schon zur Zeit der alten Sagen - das ewige Spiel um Macht und Liebe, und wie sie sich gegenseitig bedingen oder umeinander wetteifern. In der Sage und Wagners Werk sind es Fabelwesen und Naturgeister: Der Zwerg Alberich ist auf den sagenhaften Schatz aus, das "Rheingold", welches, zu einem Ring geschmiedet, dem Besitzer ewige Macht verleiht - jedoch nur, wenn er der Liebe abschwört … Alberich ist nur zu gern dazu bereit: Die Rheintöchter, unschuldige Naturwesen, hatten zuvor seine Liebe verschmäht, sodass er, von Neid und Machthunger getrieben, ihren Schatz stiehlt und mit der neu erlangten Macht sein ganzes Volk unterwirft.
Diese Motive sind es, die Renate Dalaun geschickt mit ihrer Geschichte um eine Familie kombiniert und die Fäden weiterspinnt: Die junge Margret hat einen Antrag bekommen, ihr Freund Robert möchte sie heiraten. Sie jedoch fühlt sich noch nicht bereit dafür, sieht es als Spiel der Macht, an dessen Ende sie als "Heimchen am Herd" stünde und ihre Bedürfnisse und Wünsche zugunsten Roberts zurückstecken würde. Sie zieht sich zurück, fährt weg und will künstlerisch tätig sein, sie schreibt. In ihrer Romanfigur Agnes, die sie ihre "Weggefährtin" nennt, findet sie sich zunehmend selbst wieder.
Der Vater Martin, in dem Wissen, dass seine Frau Gundel ihn nur respektiert, weil er Geld einbringt, will mit einem Film über das Rheingold das von der Frau so begehrte Geld verdienen - und zahlt wie auch sie einen hohen Preis, indem nicht einmal davor zurückgeschreckt wird, den eigenen Körper zu verkaufen.
Diese und weitere Geschichten um eine Familie und eine weitere Erzählebene in Margrets Roman greifen immer wieder Motive des "Rheingolds" auf, aus der Musik wie aus der Sage. Dennoch muss man kein Wagner-Liebhaber sein, um sich an den zahlreichen Verweisen und Anspielungen zu erfreuen - gleichwohl kann man sich dem Zauber dieses Werkes nicht entziehen, wenn sich die Klänge der alten und doch zeitlosen Sage im Kopf mit einer mitreißenden Familiengeschichte verbinden…
Gerrit Koehler
01.06.2015