Romane

Das wahre Glück finden

Auch wenn im Mittelpunkt dieser Erzählung von Franz Schmid die Frage steht, wie schwer es wiegt, wenn ein geliebter Partner den anderen verlässt, wird dem Leser schnell klar, dass es darin nicht vordergründig um die Beschreibung einer Liebesbeziehung geht. Auf der Suche nach dem Sinn seines weiteren Lebens begleiten den Ich-Erzähler schlaflose Nächte, Tagträume und albtraumhaftes Erleben. Immer wieder ist eine Bar ein Anlaufpunkt für ihn, in der zu später Stunde leicht begleitete Girls versuchen, die männlichen Gäste zu animieren.

Entscheidend ist aber, dass der Protagonist dort auf einen vermeintlichen Gleichgesinnten trifft, der in sich versunken am Tisch sitzt und vor sich hin starrt. Über ihn wird in der Bar erzählt, dass sein Frau ihn verlassen hat, weil er angeblich fremdgeht. Von diesem Mann selber ist nichts zu erfahren - er hüllt sich in Schweigen. Der Ich-Erzähler versucht, sich ihm zu nähern, scheitert damit aber wie die anderen Gäste. Trotzdem wird ihm klar, dass er helfen muss und dieses seine Bestimmung ist. Es ist für ihn wie eine Berufung und hilft ihm, über sein eigenes Unglück hinwegzukommen.

Eine entscheidende Wendung nimmt die Erzählung, als im nahe gelegenen Kraftwerk eine Katastrophe passiert. Nach der dortigen Explosion werden Helfer für die Bergung der Verletzten gesucht. Als sich der junge Mann meldet, begegnet er im Bus, der die Freiwilligen zum Katastrophenort bringt, einem jungen Mädchen, das ihn magisch anzieht. Sie ist voller Verzweiflung, wähnt sie doch ihren Geliebten unten den Toten. Auch ihr gegenüber bemüht er sich um Hilfe und will sie trösten. Später wird diese ihren Partner lebend auf dem Betriebsgelände wieder finden.

Als der junge Mann mit der Suche nach Verletzten und Überlebenden auf dem Trümmerfeld des Werkgeländes beginnt, wird ihm klar, dass sein Bekannter aus der Bar ebenfalls unter den Gesuchten sein könnte.

Bis zum Rande der eigenen Erschöpfung versucht er alles, um ihn zu retten, als er diesen tatsächlich verschüttet findet. Nach einer erneuten Explosion muss er feststellen, dass der Mann jetzt gestorben ist. Aber seine Mission ist trotzdem erfüllt, denn im Schlamm liegt der Ring des Verstorbenen und er lässt diesen mit in den Leichensack legen. Voller Schauer liest man zuvor, wie er die reihenweise daliegenden zugezogenen Leichensäcke öffnet, um "seinen" Toten zu finden.

Zum Ende ist die Erzählung fast wie eine Parabel. Sie offenbart, dass der Kampf um das Glück sich bei aller Tragik lohnt. Das zeigt sich vor allem darin, dass es bei allen Tiefschlägen eine Bestätigung für sich selber ist, geholfen zu haben, und damit das Leben wieder einen Sinn hat.

So öffnet dieses Buch neue Horizonte und ist wie eine Aufforderung, nie den Mut sinken zu lassen.

Dr. Helga Miesch
26.05.2015

 
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Das Buch:

F.R. Schmid: Der Einsame - Von der Suche nach einem Sinn

Frankfurt: August von Goethe Verlag 2015
76 S., EUR 10,80
ISBN: 978-3837216615

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