Romane

Einmal Hölle (und zurück?)

Als Winterritter der düsteren Feenkönigin Mab hat Harry Dresden generell wenig zu lachen. Doch nun verleiht ihn die Königin von Luft und Dunkelheit auch noch, um eine Schuld zu begleichen. Dummerweise muss Harry deshalb ausgerechnet für seinen größten Feind arbeiten. Dieser plant einen spektakulären Raubzug, der Harry und ein Team von Spezialisten buchstäblich in die Hölle führt, um dort einen Gott zu bestehlen. Zudem tickt eine Zeitbombe der besonderen Art in Harry Dresdens Kopf. Alles ist also fast wie immer - nur eben noch schlimmer.

"Blendwerk" ist nun schon der fünfzehnte Roman aus der Serie "Die dunklen Fälle des Harry Dresden". Die Reihe stellt derzeit wohl das Beste dar, was im Genre Urban Fantasy in den letzten Jahren erschienen ist. Und auch auf Jim Butchers neuesten Streich dürfen sich Fans freuen. Denn dem Autor gelingt es, das hohe Niveau der Serie sogar noch ein Stückchen zu übertreffen. Dabei zeigt er altbekannte Stärken. So ist der Roman trotz einer Länge von mehr als 650 Seiten durchweg spannend. Das beginnt bereits beim ersten Satz, der auf die Zeitbombe in Harry Dresdens Kopf verweist, und reicht angesichts der sich abzeichnenden Entwicklungen noch über das Ende hinaus. Kurze Episoden, in denen sich die Lage vermeintlich entspannt, dienen praktisch nur dazu, den Leser zu Atem kommen zu lassen und noch mitreißendere Sequenzen vorzubereiten. Dadurch wird "Blendwerk" zu einem Pageturner, den zumindest Genrefans nur schwer aus der Hand legen können. Gleichzeitig setzt Butcher auch immer wieder auf Komik. Dazu bedient er sich beispielsweise zahlreicher popkultureller Referenzen - die von Batman über Cthulhu bis zu Star Wars reichen. Zudem kreiert er beinahe grostek-komischer Szenen -  etwa wenn er seine Hauptfigur mit Personifikationen seines Unterbewusstseins oder einem Gott kommunizieren lässt.

Doch "Blendwerk" bietet auch viel Neues. So verbindet Jim Butcher in seinem Roman die Genres Urban Fantasy und Heist - wobei bekanntlich die Vorbereitung und Ausführung eines Raubs im Mittelpunkt steht. Das Ergebnis ist nicht nur recht ungewöhnlich, sondern auch stimmig. Zudem entwickelt der Autor seine Charaktere noch konsequenter weiter. Das gilt ausdrücklich nicht nur für Harry Dresden selbst, sondern auch für zahlreiche vermeintliche Nebenfiguren. Deswegen empfiehlt es sich auch, die Romane in der vorgesehenen Reihenfolge zu lesen, weil sonst diese sorgsam konstruierten Entwicklungen - und damit auch Teile des Lesegenusses - auf der Strecke bleiben. "Blendwerk" bietet insgesamt noch mehr Überraschungen als die früheren Teile der Serie und ist noch ein gutes Stück epischer. Vom Erzengel bis zum Höllenfürsten ist praktisch alles an übernatürlichem Personal im Roman versammelt. Dennoch wirkt der Roman dabei nicht kitschig oder abstrus, weil Jim Butcher auch diese Figuren glaubhaft - und immer wieder mit einem Augenzwinkern - stimmig in die von ihm kreierte Welt integriert.

"Blendwerk" ist - vor allem auf den letzten 250 Seiten - ein an Spannung kaum zu überbietendes Meisterwerk aus dem Bereich Urban Fantasy, das sich Fans des Genres auch wegen der zahlreichen Überraschungen, die Jim Butcher in petto hat, nicht entgehen lassen sollten.

Ingo Gatzer
02.03.2015

 
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Das Buch:

Jim Butcher: Blendwerk: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Bd .15.

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Mannheim: Feder und Schwert 2014,
654 S. € 15,99
ISBN: 9783867622196

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