Romane
Die Rückkehr der Kirschkernspuckerbande
Sie sind wieder da: Piet Lehmann und seine Frau Susann, die sich liebenden und stets fetzenden Dille und Petra sowie Sven und Jörn, das schwule Paar mit Trauschein. Besser bekannt sind diese sechs mitten im Leben stehenden Erwachsenen als die sogenannte Kirschkernspuckerbande. Vor zwölf Jahren hatte der Hamburger Autor Gernot Gricksch mit "Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande" einen riesigen Erfolg gefeiert. Nun kehren die dem Leser ans Herz gewachsenen Protagonisten zurück auf die Bühne des Lebens und der Leser darf sich in "Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande" auf weitere Episoden aus dem fünften Lebensjahrzehnt der unzertrennlichen Freunde freuen.
Zur Erinnerung: Im ersten Teil hatte Gernot Gricksch die ersten vierzig Jahre aus der Lebensgeschichte von Piet, Susann, Dille, Petra, Bernhard und Sven erzählt. Dabei rührte der Autor den Leser mit dem Freud und Leid wahrer Freundschaft durchaus zu mancher Träne. Während Piet mit Susann, Dille mit Petra sowie Sven mit Jörn ihr gemeinsames Glück fanden, war ihr auf Weltreise gewähnter Freund Bernhard derart heftig dem Alkohol verfallen, sodass sich am Ende des Buches die Kirschkernspuckerbande am Grab des Freundes einfinden musste.
Für nicht wenige Leser wurde "Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande" zum heimlichen Lieblingsbuch. Es bestach durch seine Leichtigkeit und sein bedingungsloses Plädoyer für Freundschaft, die bei allem im Leben doch stets das wichtigste Gut sein sollte. Daher ist das Sequel zur Geschichte der Freunde eine von vielen Lesern sehnlichst erwartete Fortsetzung. "Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande" deckt nun das fünfte Lebensjahrzehnt der Freunde ab. Beginnend im Jahre 2001 spannt es den Bogen über viele gemeinsame, aber auch getrennte Silvesterabende hin zu den dramatischen Vorgängen am 13. Juli 2010, dem fünfzigsten Geburtstag des Ich-Erzählers Piet Lehmann.
Der Autor wendet gleich zu Beginn des Buches einen erzähltechnischen Kniff an, durch den er geschickt einen Rückblick auf die Ereignisse im ersten Teil in die Handlung integriert. Die Kirschkernspuckerbande glaubt, die größten Hürden im Leben überwunden zu haben, nur um festzustellen, dass die wahren Herausforderungen noch auf sie warten. Neben der Erziehung der eigenen sowie zu pflegenden Kinder steht da vor allem das Aufrechthalten der Gefühle zum eigenen Partner im Mittelpunkt. Piet will seine Familie für längere Zeit verlassen, um dem Leben des verstorbenen Bernhard auf den Grund zu gehen. Dilles intensive und durch eine unverkennbare Midlife-Crisis bedingten sportliche Aktivitäten entfernen ihn mehr und mehr von seiner Frau, die sich wiederum in die Arme von ... - egal, an dieser Stelle sei nicht zu viel zu verraten, sondern stattdessen einfach nur empfohlen, das Buch zu erwerben und Spaß beim Lesen zu haben.
Während Gricksch im ersten Teil noch einen starken Fokus auf die Einbettung in zeitgeschichtliche Ereignisse gelegt hatte, findet dies im vorliegenden Roman nur marginal statt. Dies mag aber vor allem daran liegen, dass die Kirschkernspucker mitten in ihrem eigenen Leben stehen und damit mehr als ausgelastet sind. Überdeutlich wird dabei allerdings wieder eines, dass nämlich, wenn die Probleme überhand zu nehmen scheinen, Freunde zusammen Berge versetzen können und alles, sogar die unlösbar scheinenden Dinge des Lebens, zu einem guten Ende führen können.
"Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande" darf durchaus als leichte Kost bezeichnet werden, hält aber so viele Wahrheiten über das Leben bereit, dass man diese Fortsetzung einfach nicht verpassen darf. Obgleich die Lektüre auch ohne die Kenntnis des ersten Bandes problemlos machbar ist, sei dennoch jedem empfohlen, sich zunächst den ersten vierzig Jahren der Freunde zu widmen, bevor man die vorliegende Fortsetzung in Angriff nimmt. Mittlerweile hat der Leser Piet, Susann, Dille, Petra, Sven und Jörn sowie deren Kinder über fünfzig Jahre ihres Lebens begleitet, weshalb zu hoffen bleibt, dass Gernot Gricksch sein Auge nicht von ihnen lässt und seinen Lesern vielleicht in zehn Jahren erzählt, wie es ihnen denn so im beginnenden Herbst ihres Lebens ergangen ist.
Christoph Mahnel
15.07.2013