Romane
Die Rache einer Frau
Irma Zweifel verdient sich ihre Brötchen, indem sie bei anderen Leuten für Ordnung und Sauberkeit sorgt. Aber das macht ihr nicht im Geringsten etwas aus, denn lieber putzt sie Fremden die Wohnung, als den lieben langen Tag in der Uni zu sitzen und irgendwelche Dinge, die sie später sowieso nicht mehr gebrauchen kann, zu lernen. Als Putzfrau scheint Irma ihre Berufung gefunden zu haben - zumindest solange sie nicht die Wäsche bügeln muss -, denn so hat sie gute Gelegenheiten, um im Leben anderer herumzuschnüffeln. Ihres ist nämlich nicht annähernd so interessant wie zum Beispiel das von Frau Doktor Schwarz. Die ambitionierte Lokalpolitikerin hütet seit längerem ein Geheimnis, das plötzlich ans Licht drängt und alles zu zerstören droht.
Wie Irma herausfindet, wird die pflegebedürftige Schwiegermutter der Medizinerin notdürftig im Keller versorgt - für Irma ein schlimmes Verbrechen, dem sie schnellstmöglich ein Ende bereiten muss. Irma fasst den Entschluss, Nelly Schwarz aus ihrem Gefängnis zu befreien, und bringt sie vorübergehend bei sich unter. Endlich kann sich die Rentnerin wieder ihres Lebens erfreuen, denn nun steht ihr eine Freundin zur Seite, auf die sich Nelly jederzeit verlassen kann. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine tiefe Zuneigung, wie sie insbesondere Irma bislang noch nicht gekannt hat - nicht einmal bei Erich, den sie eigentlich von ganzen Herzen geliebt hat. Doch dann hat er Irma für eine andere Frau verlassen und seitdem ist ihr Herz gebrochen.
Für Irma beginnt eine durchaus glückliche Zeit, die sie mit Nelly nur allzu gerne verbringt. Bevor die Freundinnen jedoch auf Nimmerwiedersehen nach Mallorca, auf die Putzfraueninsel, verschwinden können, hat Irma noch etwas Dringendes zu erledigen. Sie plant einen Rachefeldzug gegen Frau Doktor Schwarz, die für ihre Karriere allem Anschein nach sogar über Leichen gehen würde. Die Ärztin muss gestoppt werden in ihrem Treiben - und zwar mit allen Mitteln, auch wenn diese äußerst unfair sind ...
Manchmal, eigentlich sogar ziemlich oft, bietet das Leben einem keinen Grund zum Lachen - außer vielleicht in den Momenten, wenn man sich voll und ganz der Lektüre eines Romans wie "Die Putzfraueninsel" widmet. Danach sieht die Welt schon wieder viel schöner und auch bunter aus. Milena Moser schafft mit ihren Worten nämlich feinsten (Lese-)Spaß, der an Ideenreichtum sowie Unterhaltungswert kaum zu übertreffen ist. Dieses Vergnügen ist mindestens so gut wie eine Droge und macht glatt süchtig. Nicht nur in Deutschland gibt es Schriftsteller, die ihr Handwerk aufs Beste beherrschen, sondern auch in der Schweiz. Moser ist dafür der lebende Beweis. Was ihr hier gelungen ist, ist eine (Mords-)Gaudi, in der so manche Überraschung steckt. Oder anders: Die Geschichte ist herrlich, einfach nur herrlich verrückt.
Es besteht kein Zweifel: Milena Moser ist eine Meisterin des feinsinnigen Humors, der absolut umwerfend ist und beim Leser für Glückszustände sorgt - genauso wie die Romane der Schweizer Autorin. "Die Putzfraueninsel" ist weitaus mehr als "nur" ein Gute-Laune-Garant. Das Buch ist witzig-spritzige Unterhaltung, die es auch an Gefühl nicht fehlen lässt. Eben ein originelles Stück Literatur, von der man gerne noch mehr genießen würde.
Susann Fleischer
15.07.2013