Romane

Auf Alices Spuren wandeln

Die fantastische Geschichte "Des Hasens Pfeffer oder Elisas Suche nach dem großen Huhn" der Autorin Gabriele Napierata nimmt den Leser mit auf eine Abenteuerreise der besonderen Art. Also packen Sie Ihre Fantasie und ein bisschen Bilsenkraut ein und schon geht es los. 

Kinderglück 

Unsere Reise beginnt in England im 19. Jahrhundert. Der wohlhabenden Familie wurde gerade eine zweite Tochter geschenkt, Elisa, und aus lauter Stolz tun die Eltern alles für sie. Darüber vergessen sie die ältere Tochter, Martha. Es scheint ein Zauber von Elisa auszugehen, ein dunkler Zauber, der die Eltern die Schwester vergessen lässt. Niemand hört ihr Weinen, niemand sieht ihre Tränen und niemand kümmert sich um ihre quälenden Albträume vom zerrinnenden Leben. Bis ihr eigenes Leben zerrinnt, mitten in der Nacht, ohne Aufsehen und wieder unbemerkt ... doch eine bemerkt es doch: Elisa. Von Schuld gequält, begibt sie sich mitten in der Nacht auf eine abenteuerliche Reise.

Bilsenkraut

Ihr erster Weg führt Elisa in den Dorfpub - vielleicht weiß hier jemand etwas über den Verbleib von Seelen. Hier muss der Leser zum ersten Mal Fantasie beweisen, denn Wirt und Kellnerin sind keine Menschen, sondern Tiere, ebenso die Gäste. Getröstet von einer ausländischen Kuh und verführt von einem zweifelhaften Herrn in kariertem Frack, findet sich Elisa schließlich an einem Tisch voller sprechender Tiere wieder (und wundert sich auch nicht darüber), die ihr das berauschende Bilsenkraut einflößen. Runde um Runde trinkt und spielt sie in der Hoffnung, einen Hinweis zu bekommen. Schließlich, am Ende der Hoffnung, der Rat: Geh in den Wald. Das tut sie und bleibt dort mehrere Monate, die wie ein einziger Tag vergehen, ohne irdische Belange. Mysteriöse Rehe begegnen ihr und ein rätselhafter Hirsch, der sie in sein Schloss mitnimmt und wieder mit Bilsenkraut verführt. An dieser Stelle beginnt Elisa ein Geweih zu wachsen, das den Hirsch so verwirrt, dass mit etwas Hilfe vor dem rachsüchtigen Etwas fliehen kann, das sie ausstopfen will wie so viele andere vor ihr.

Frosch und Katz

Nach ihrer holprigen Flucht gelangt sie, von dem riesigen Geweih mittlerweile niedergedrückt, an einen Teich, auf dem Wasserläufer und Frösche einen wahren Tanzreigen veranstalten. Der Wächter der Götterbohne, ein Molch, rettet sie erst vor dem Ertrinken, das er selbst auslöst, und entsorgt sie schließlich am Waldesrand, aber wenigstens mit dem nächsten Ratschlag, ins Tollhaus zu gehen. Dort erwartet Elisa ein Meer an Kätzchen, in den raffgierigen Fängen einer Fellhändlerin. Vom Bilsenkraut erneut betäubt, steigt auch Elisa auf eine der Spieluhren, auf die die nackten Kätzchen geldbringend gebannt werden. Doch der Schwindel fliegt schnell auf und Elisa muss weichen. Ins Himmelreich bitteschön.

Gottesacker

Wie es sich für ein richtiges Himmelreich gehört, begegnet Elisa hier Engeln. Kleinen, verspielten, ungeschickten Engel, die sich um die frisch geschlüpften Küken des göttlichen Huhnes kümmern und nebenbei mit Gemüse spielen. Nur dieses Huhn schließlich kann Elisa die Augen öffnen und ihr auf der Suche nach ihrer Schwester den letzten Hinweis geben. So endet Elisa auf einer eigenen Wolke, ausgestattet mit der letzten Wahrheit und mit viel Zeit zum Nachdenken und Fühlen.

"Des Hases Pfeffer oder Elisas Suche nach dem großen Huhn" ist ein Buch für geduldige Leser, die Freude am Lesen von langen Sätzen haben. Die Parallelen zu Alices Reise durch das Wunderland sind nicht zu verleugnen, wobei diese Variante dem Leser deutlich mehr Interpretationsspielraum lässt. Warum sich Elisa nicht mal zu Beginn über sprechende Tiere wundert, obwohl sie doch aus einer scheinbar normalen Familie kommt, oder wozu ihr das Geweih wächst - hier bietet das Buch die Möglickeit eigene Interpretationen anzustellen.

Susann Harring
27.05.2013


Die Lesung im Deutschen Literaturfernsehen finden Sie hier.

Weitere Lesungen von Gabriele Napierata finden Sie hier.

 
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Das Buch:

Gabriele Napierata: Des Hasens Pfeffer oder Elisas Suche nach dem großen Huhn

Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2013
129 S., € 12,40
ISBN: 978-3-8372-1259-4

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