Romane

Platz eines Possenreißers

"B?ume auf d?rrem Land geben das beste Material. Bei Menschen ist das ?hnlich." Menschenskinder, woher wei? er das, der Klaus F. Messerschmidt? Er muss was wissen von B?umen und Menschen, um so gescheit daher zu reden. Er wei? was! Er ist der Sohn eines Schreiners aus Sangerhausen. Einer aus der Branche also. Und der immer treu geblieben. Auch als Autor, der - noch - den Wert des Papiers als Wert w?rdigt. KFM liebt die Vereinigung von Letter und Papier. Er ist ein Traditionalist, der gern bei dem bleibt, was zu ihm geh?rt und womit er begonnen hat. Er hat ein Romanwerk begonnen, dessen erster Band den Titel "Das sprechende Auge" tr?gt. Jetzt ist der zweite Band da: "Die Angst der Spa?macher". Und noch ist nicht Schluss. Kein Grund zu st?hnen. Ach, wie sch?n, ist zu sagen. Ehrlich! Mit Vorfreude.

Messerschmidt schmiedet das Eisen, das seine Biographie ist. Im ersten Band werden die Geschichten und Geschicke der Familie geformt, aus der der Verfasser kommt. Als Hineingeborener schrieb er nun die Story des eigenen Weiter- und Vorankommens. Als Kind der Charlotte und des Willy w?chst er in die Welt. Eher als Vater- denn Mutter-Sohn. Es ist die Story eines Stippis der zweiten Klasse, der sich linker Hand, von Klasse zu Klasse, durch die Zehnklassenschule schwingt. Die hei?t Polytechnische Oberschule, wo KFM zu Hause ist. Das hei?t, von der DDR ist zu sprechen. Das tut der Autor lustvoll in seinem Schelmenroman. Zeit, Heimat, Familie, Geschichte in den Zw?ngen der F?nfziger sind sein Stoff. Messerschmidt ist ein gescheiter, gottgegebener Spa?macher. Also kann man sich ohne Sto?seufzer ?ber den Roman hermachen. Unumwunden sei gesagt: Zuv?rderst ist das Buch eines, dass das nicht w?re, das es ist, h?tte es die DDR nicht gegeben.

Der Spa? des Spa?machers beginnt mit dem schweren Schicksalsschlag, den die Welt traf, als sich der Genius Josef Stalin aus der Welt schlich. Das aus der Sicht des Sieben-, Achtj?hrigen zu sehen, das l?sst sich sehen. Das muss man gesehen, sprich gelesen haben. Und so weiter, weiter, weiter. Selbst wenn der geriebene, gewiefte, gl?ckliche Spa?macher fr?hzeitig die Stimmung der Leser der Spa?gesellschaft d?mpft: "Ein Spa?macher gilt immer zu wenig." Richtig! Auch deshalb muss man dem Buch "Die Angst der Spa?macher" auf den Lettern bleiben. Selbst dann, wenn der Schriftsteller mit dem Spa? geizt, um dem geneigten Lesern den Ernst der Lebensdinge ernsthaft zu verklickern. Warum das? Um auch von denen voll genommen zu werden, die nicht mit den Situationen und Stimmungen des Spa?es zurechtkommen?

Wenn KFM abdriftet ins Theoretisieren, weist er sich selbst zurecht und ermahnt sich: "Jetzt war ich etwas abgeschweift ..." Wenn er der erkl?rend-essayistischen Version vertraut, kann er seinen erklecklichen Sinn f?rs Erz?hlerische den einen oder anderen Moment verraten. Zum Gl?ck nagt an dem Frohsinnigen nicht die Neigung der Spa?verderber, die zweifeln, dass das Leben ein Spa? ist. Den sich nicht zu verbieten, verbieten zu lassen, das macht den Spa? des Erz?hlers und seiner Erz?hlung aus. W?re der Autor nicht ein guter Mittsechziger, w?re es ein Leichtes ihn einen Lausbub zu nennen, der ein ger?tteltes Ma? an Leichtigkeit von der Sippe mitbekommen hat.

Sich selbst in die Familienreihe stellend wie in die vermeintlich allzu ausgerichtete Lebensart der DDR, kommt der Sch?ler Messerschmidt zum Schluss, sich ?oft genug zwischen den Buchdeckeln? verlaufen zu haben. So ist er - trotz der festgef?gten Gemeinschaft - jemand geworden, der sich als Solist zwischen den St?hlen sah. Kein schlechter Platz f?r einen Possenrei?er. Den hat er sich nicht nehmen lassen und ist so den Angstmachern der Spa?macher entkommen. In der Familie ebenso wie in der Gesellschaft.

"Die Angst der Spa?macher" ist ein Buch der Tage der F?nfziger in einer Kleinstadt der kleinb?rgerlichen DDR. Alles in allem eine gar nicht als so trostlos und trist empfundene Wirklichkeit. Jedenfalls so weit sie in Band Zwei zu betrachten ist. KFM ist keiner, der der Vergangenheit eins ?berbraten muss. Sie ist, in allem, auch seine Vergangenheit. Zu der kann und muss er sich bekennen. Die Leser sp?ren, wie der Schriftsteller Familie, Stadt, Land und das ganze geschilderte Hiersein liebt. Der Autor ist ein Anh?nglicher. Deshalb kann er mit der Witzigkeit des Wissenden die meist sorgenvolle Welt und Weltgeschichte mit Witz beschreiben. Klaus F. Messerschmidt nimmt die Erde hoch und spielt mit ihr Ball. Ach, lassen wir den Chaplin au?en vor! Stellen wir dem Erz?hler den selbsternannten Ziehvater Karl Valentin zur Seite. Das Paar betrachtet, wird klar, was, warum im Leben eine Humoreske ist.

Bernd Heimberger 
26.11.2012 

 
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Das Buch:

Klaus F. Messerschmidt: Die Angst der Spaßmacher. Fortlaufende Erinnerungen

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Halle/Saale: Mitteldeutscher Verlag 2012
351 S., € 24,90
ISBN: 978-3-89812-926-8

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