Romane

Ein Debüt , das sich gewaschen hat

Wenn man dieses Jahr den Shootingstar der deutschen Literaturszene ernennen m?sste, dann f?llt der Name Judith Zander sicherlich mehr als einmal. Schon vor dem Erscheinen von "Dinge, die wir heute sagten" r?umte sie mit ihrem Deb?troman zahlreiche Literaturpreise ab. Die deutsche Autorin wurde bei den 34. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt f?r einen Auszug aus dem Roman mit dem 3sat-Preis 2010 geehrt. Sie erhielt f?r den Roman den Preis der Sinecure Landsdorf 2010 und ist nominiert f?r den Klaus-Michael K?hne-Preis 2010. Zudem wurde der Roman auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2010 aufgenommen. Eine beachtliche Leistung f?r die studierte Germanistin und Anglistin, von der man sich nun selbst ?berzeugen kann, denn seit wenigen Tagen ist das Buch nun f?r jedermann im Handel erh?ltlich.

Das kleine Dorf Bresekow in Vorpommern ist f?r seine Einwohner ein Ort im Nirgendwo, aus dem es kein Entkommen gibt. Einzig Ingrid hat es einst geschafft und ihrer Heimat den R?cken gekehrt. Nach zwanzig Jahren kehrt sie nun zur?ck, um ihrer Mutter, der alten Anna Hanske, das letzte Geleit zu geben. Doch dabei muss sie sich auch der eigenen Vergangenheit stellen, die f?r die junge Frau l?ngst nicht abgeschlossen ist. Ihr zur Seite stehen der irische Ehemann und Sohn Paul, der die Herzen der Dorfsch?nheiten gleich reihenweise bricht. Insbesondere die 16-j?hrige Romy kann sich seinem Charme nicht entziehen und f?hrt ihn in die Gepflogenheiten in Bresekow ein. Und vielleicht ist er f?r das M?dchen endlich die Chance, der provinziellen Enge zu entfliehen und ihren Traum nach etwas Gro?em in Erf?llung gehen zu lassen.

Es ist offensichtlich: Das kleine Dorf in Vorpommern ist nicht der geeignete Ort f?r gro?e Tr?ume. Abends trifft sich die Dorfjugend auf der Elpe, der leeren Dorfmitte, die sinnbildlich f?r die ?dnis und Starrheit des abgelegenen Nestes steht. Abgesehen von alkoholgeschw?ngerten Ausschweifungen und dem Vorzeigen eines neuen Mofas geschieht hier nichts Aufregendes. Kein Wunder also, dass Romy lieber heute als morgen nach Anklam zur?ckkehren m?chte - g?be es da nicht Paul, der neue Hoffnung in das Herz der 16-J?hrigen streut. Doch auch er erkennt, dass Bresekow eine Zufluchtsst?tte f?r Nachkommen von Fl?chtlingen aus Polen, ehemalige Republikfl?chtige, die in ihr Heimatdorf zur?ckkehren, den Durchschnitt und den Abschaum, die sich misstrauisch gegen?berstehen. Freundschaft und Verrat, Schweigen und Dinge, die mal gesagt werden mussten, bestimmen den Alltag der Dorfbewohner, die sich in ihrer Heimlichkeit bequem eingerichtet haben.

Judith Zanders Deb?t "Dinge, die wir heute sagten" ist eines der literarischen Highlights diesen Jahres, das man sich nicht entgehen lassen darf. Selten wird auf nur 480 Buchseiten solch ein intimes Generations- und Sittengem?lde der modernen Zeit gezeichnet, das vermag, den Leser zu ber?hren, aufzur?tteln und dessen Blick auf das Hier und Jetzt zu lenken. Dabei ger?t der Roman zu einem hochdramatischen und fesselnden Kammerspiel der Gef?hle, dem man sich nicht entziehen kann. Man sieht sich inmitten wortgewaltiger Charakterzeichnungen dreier Generationen, die in ihrer atmosph?rischen Dichte und Sprachkraft kaum mehr zu ?berbieten sind. Zanders Roman "Dinge, die wir heute sagten" ist das Must-Read dieses Jahres, von dem man noch lange zehren wird. Einfach grandiose Literatur, die zu Recht einen Preis nach dem anderen einheimst.

Susann Fleischer
30.08.2010

 
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Das Buch:

Judith Zander: Dinge, die wir heute sagten

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München: dtv 2010
480 S., € 16,90
ISBN: 978-3-423-24794-8

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