Romane

Dörthe Binkerts "Zauberberg"

Vor zwei Jahren ließ Dörthe Binkert in ihrem Debütroman "Weit übers Meer" ihre Figuren noch über den Atlantik schippern und dabei das ein oder andere Schicksal besiegeln und neue Bande knüpfen. Ihr neuer Roman "Bildnis eines Mädchens" spielt ungefähr zur selben Zeit - im ausgehenden 19. Jahrhundert - diesmal ist der Schauplatz jedoch in die Schweizer Bergwelt verlegt.

Binkerts bunter Mix aus rein fiktiven Personen und solchen, denen historische Persönlichkeiten Pate standen, wie die Figur des Malers Giovanni Segantini, findet sich zu Beginn des Sommers 1896 im Engadin ein. Im neu eröffneten, mondänen Hotel "Kursaal Maloja" trifft sich die feine Gesellschaft, um den Sommer in den Schweizer Bergen zu verbringen. Dabei werden zarte Bande geknüpft, Verbindungen gelöst oder schicksalhafte Entdeckungen gemacht. Die gut situierte Fabrikantentochter Mathilde, verlobt mit einem Bankierssohn, entwickelt Gefühle, die sich für eine verlobte Frau nicht ziemen, bevor eine erschreckende Diagnose ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellt.

Der Maler Segantini fühlt sich magisch angezogen von dem seltsamen, aber sehr attraktiven Mädchen Nika, das im Garten des Hotels arbeitet. Nika wurde als Baby von ihrer Mutter ausgesetzt und landete als Verdingkind auf einem Bauernhof. Der einzige Hinweis auf ihre Vergangenheit ist ein kostbares Medaillon, das ihrer Mutter gehörte. Zu Segantini fasst Nika schnell Vertrauen und bringt den Mut auf, das Geheimnis um ihre Herkunft zu lüften.

Mathilde, Nika und Segantini sind nur einige der Personen, die Binkert in der abgeschiedenen Bergwelt aufeinander treffen lässt und an deren Schicksalsschlägen der Leser teilhaben darf. Nicht nur wegen der Kulisse und der Zeit, in der "Bildnis eines Mädchens" spielt, erinnert Binkerts Roman an Thomas Manns 1924 erschienenen "Zauberberg". Auch Binkerts Fähigkeit, Personen aus unterschiedlichsten Lebenssituationen aufeinander treffen zu lassen, ihre Schicksale miteinander zu verknüpfen und sie verändert aus dieser Situation hervorgehen zu lassen, erinnert an Thomas Manns Bildungsroman.

Der zweite Roman der in Zürich lebenden Autorin verspricht ein mindestens genauso großer Erfolg wie sein Vorgänger zu werden. Binkert ist auf dem besten Wege, sich mit historischen Romanen, die in der dekadenten Welt des Fin de Siècle spielen, auf dem deutschen Buchmarkt zu etablieren. Bleibt abzuwarten, zu welcher Zeit ihr nächster Roman spielen wird.

Sabine Mahnel
14.06.2010

 
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Das Buch:

Dörthe Binkert: Bildnis eines Mädchens

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München: dtv 2010
356 S., € 14,90
ISBN: 978-3-423-24784-9

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