Romane

Erinnerungen an eine Reise-Soap

Auch Tommy Jauds neuer Roman "Hummeldumm" ist, wie seine Vorgänger, innerhalb kürzester Zeit ein Bestseller geworden und steht erneut ganz im Zeichen der Dummheit. Im Mittelpunkt diesmal eine deutsche Touristengruppe, die unter der Leitung eines einheimischen Guides Namibia per Bus erkundet. Augenscheinlich hat der Autor selbst eine Reise nach Namibia unternommen, die einige Parallelen zu den Begebenheiten der Geschichte aufweist.

Matze aus Köln ist im Vorfeld des Jahresurlaubs so sehr mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung für sich und seine Freundin Sina beschäftigt, das letztere die Reiseplanung allein in die Hand nimmt. Angekommen in Namibia dämmert es Matze, dass das vielleicht keine so gute Idee war. Anstelle eines entspannten Urlaubs zu zweit auf Mallorca steht ihm nun ein Trip mit einer Gurkentruppe bevor, die prädestiniert wäre für eine Doku-Soap bei RTL 2.

Einen Großteil der Reise verbringen Matze und Sina mit ihrem Guide Bahee und dem Rest der Gruppe - bestehend aus wanderwütigen Rentnern, Bekloppten und einem Sachsen, der aussieht wie ein Calvin-Klein-Modell - in einem abgerockten Minibus. Zu allem Überfluss wird Matze per SMS davon in Kenntnis gesetzt, dass die 5.000 Euro Reservierungsgebühr für die Eigentumswohnung noch ausstehen und schleunigst überwiesen werden müssen. Dies unauffällig hinter Sinas Rücken nachzuholen, ist gar nicht so einfach, denn die Aktivitäten der Reisegruppe korrelieren unglücklich mit andern Begebenheiten wie den deutschen Geschäftszeiten und leerbleibenden Handyakkus infolge fehlender Adapter.

Matze gibt sich alle Mühe, sein Anliegen und seine Bemühungen perfekt zu tarnen. Doch leider wird gerade dadurch sein Verhalten zusehends seltsamer und Sina wendet sich frustriert dem Calvin-Klein-Modell-Double zu. In der Wüste alleingelassen und inspiriert durch ein altes Buch, rückt jedoch zum Ende der Reise nicht nur Matze mit der Wahrheit heraus und lässt schließlich poetisch verkünden: "Trotz unserer warmen Klamotten waren wir alle nackt."

Dass Jaud einige Dialekte beherrscht, wussten wir schon. Auch jetzt gibt er treffend den österreichischen, fränkischen oder sächsischen sowie den namibischen Dialekt des Reiseführers Bahee wieder. Davon abgesehen passiert streckenweise recht wenig auf den 300 Seiten. Und wenn, dann ist auch das meist schnell abgehandelt. Eine Ausnahme bildet da selbstverständlich der Themenkomplex Eigentumswohnungsreservierung, verbunden mit dem Running Gag des leeren Akkus, der fehlenden Adapter oder der labilen Netzverbindung. Trotzdem sind einige Stellen so lustig, dass selbst die Nachbarn der Leser auf ihre Kosten kommen.

Jennifer Mettenborg
29.03.2010

 
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Das Buch:

Tommy Jaud: Hummeldumm. Das Roman

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Frankfurt am Main: Scherz Verlag 2010
320 S., € 13,95
ISBN: 978-3-502-11037-8

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