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Die Wahrheit über das Leben eines "Märchenonkels"

Joschi Molnár lebte ein viel bewegtes Leben: Er war in Buchenwald, seine Frau und beiden Kinder verlor er in Auschwitz und später bekam er von drei Frauen drei weitere Kinder. Seine weitschweifige Fantasie und Geschichten sind auch 30 Jahre nach seinem Tod in der Familie berühmt und berüchtigt. Er hinterließ jedem seiner Kinder eine andere Fassung seiner Lebensgeschichte. Alle Versionen haben trotz ihrer Gegensätze einen Berührungspunkt: Joschi ist ein Jude, der während des NS-Zeit grausiges erlebt hat. Um Joschis wahres Ich zu entdecken, treffen sich zu seinem hundertsten Geburtstag die Halbgeschwister Hannah, Marika und Gabor in Weimar. Mit von der Partie ist Lily, Marikas Tochter und Vermittlerin zwischen drei "Welten".

Im Laufe des Wochenendes lernen die Halbgeschwister drei Väter kennen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: den Verräter, der seine Familie mit einem faulen Kompromiss im Stich ließ, den Abwesenden, der nur auf Fotos präsent war, und den Geschichtenerzähler, der seinem Leben mit viel Fantasie einen bunten Farbanstrich gab. Da ist es nicht so einfach, dem Menschen Joschi Molnár hinter seiner Fassade ausfindig zu machen und wenigstens posthum ans Tageslicht zu zerren. Persönliche Gefühle und Naivität erschweren diese Suche, bei der einzig Lily - das Küken in dieser illustren Runde - den Überblick zu behalten scheint. Sie versöhnt die Halbgeschwister miteinander und verbindet Joschis Lebensläufe zu einem Gesamtbild, in dem jeder seinen Vater wiedererkennt - auch wenn dieses recht wacklig erscheinen mag.

Um Susann Pásztors Debütroman "Ein fabelhafter Lügner" zu beschreiben, bedarf es eigentlich nur eines Wortes: Grandios! Mit der richtigen Dosis an Sensibilität, Situationskomik und emotionaler Tiefe entwirft die Autorin auf 208 Seiten ein flimmerndes Geflecht aus Fantasie, Lüge und Wahrheit, das schon auf den ersten Seiten den Leser in seinen Bann schlägt. Man stelle sich nur die Szene vor, wie Joschi Molnár nach einem missglückten Selbstmordversuch im Krankenhaus liegt, um ihn herum stehen seine Ex-Frau, seine Zukünftige und seine Geliebte. Allein dieser Ausschnitt aus Joschis Leben spiegelt das wider, was sein Wesen und zugleich diesen Roman ausmachen: Freud und Leid, Tragik und Lebenslust liegen dicht beieinander und gehören zum Leben dazu wie die Luft zum Atmen.

Susann Fleischer
01.03.2010

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