Romane

Liebe in den Wirren des 20. Jahrhunderts

Russland 1917. Die 15-jährige Xenia Ossolin muss nicht nur mit ansehen, wie ihre geliebte Heimatstadt Petrograd und ihr prunkvolles Heim zerstört werden, sondern auch wie ihr Vater, ein russischer Adeliger, von den Kommunisten brutal ermordet wird. Auf der langen und beschwerlichen Flucht von Russland nach Frankreich werden Xenia und ihre beiden jüngeren Geschwister Mascha und Kyrill Vollwaisen. Von Kyrills Geburt geschwächt und ohne die nötige Behandlung ihrer Tuberkuloseerkrankung stirbt die Mutter auf dem Weg ins Exil.

Xenia muss fortan für ihre jüngere Schwester Mascha und den gerade geborenen Bruder Kyrill sorgen und ihnen die Eltern ersetzen. In Paris angekommen, findet sie eine Anstellung in einer Näherei - russische Näharbeiten und Stickereien sind bei der Haute Couture gefragt. Trotz ihrer ärmlichen Kleidung bleibt ihre russische Eleganz und Attraktivität nicht unbemerkt: Ein berühmter französischer Coutier entdeckt sie und engagiert sie als Fotomodel. Ihr Ruhm und ihre Beliebtheit führen sie auch immer wieder ins Ausland, u. a. nach Berlin, wo der Fotograf Max von Passau lebt und arbeitet. Sie verlieben sich ineinander und führen für kurze Zeit eine stürmische Liebesbeziehung, die jedoch an Xenias Unfähigkeit, Max ihre Liebe zu gestehen, scheitert.

Zurück in Paris heiratet Xenia einen französischen Anwalt, doch sie kann und wird Max niemals vergessen, denn sie sind  auf eine Art und Weise verbunden, wie sie es mit keinem anderen Mann in ihrem Leben je erlebt hat. Im Laufe der Jahre trifft sie Max sowohl in Berlin als auch in Paris immer wieder, ihre Liebe flammt erneut auf, jedoch sind die Umstände alles andere einfach: Die Welt befindet sich im Aufruhr, das alltägliche Leben ist von Angst, Verfolgung und Verzweiflung geprägt. 

Neben der komplizierten Liebesgeschichte der beiden Protagonisten steht vor allem das politische Geschehen der Jahre 1933 bis 1945 im Vordergrund. Der französischen Autorin gelingt eine atmosphärisch dichte Beschreibung der Situation der Juden und des Lebens anderer Randgruppen, wie z. B. der Exilrussen in Paris. Révay bietet verflochten mit einer fesselnden Liebesgeschichte auch immer wieder die geschichtlichen Hintergründe und gesellschaftlichen Veränderungen. Dadurch gewinnen die vielschichtig dargestellten Charaktere noch mehr an Tiefe, und die Sympathie des Lesers ist ihnen sicher.

Révay schreibt bereits an einer Fortsetzung ihrer großen Familiensaga, die in Frankreich ein Bestseller wurde. Es ist zu hoffen, dass ihr wieder eine solch ausdrucksstarke Geschichte gelingt, die von starken und schicksalsgeprüften Menschen erzählt, die ihre Heimat verloren haben, nie aber den Glauben an sich selbst, die Liebe und das Gute im Menschen.

Sabine Mahnel
24.08.2009

 
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Das Buch:

Theresa Révay: Die weißen Lichter von Paris. Aus dem Französischen von Barbara Röhl

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München: Goldmann Verlag 2009
572 S., € 8,95
ISBN: 978-3-442-47059-4

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