Romane

Der amerikanische (Literatur-)Traum: Barrys "Mondschwimmerin"

Von einem international durchschlagenden Erfolg hatte Brunonia Barry nicht zu träumen gewagt, als sie 2007 ihren allerersten Roman "Die Mondschwimmerin" in einem US-amerikanischen Selbstverlag drucken ließ. Die Mundpropaganda aber machte den amerikanischen Literaturtraum - von ganz unten nach ganz oben - möglich: Im Jahr 2008 wurde ihr sinnlich-magischer Roman von einem großen Verlagshaus entdeckt und stürmte gleich die New-York-Times-Bestsellerliste.

Das Buch "Die Mondschwimmerin" beginnt mit einer beunruhigenden Nachricht für die Protagonistin Sophya Whitney: Ihre geliebte Stiefgroßtante Eva wird vermisst. Schnell reist Sophya, die sich seit ihrer Kindheit Towner nennt, in ihren Heimatort Salem. Es überschlagen sich die Ereignisse: Schnell wird Eva gefunden, scheinbar ist die über 80-Jährige beim Schwimmen ertrunken. Towner, ihre Mutter May und ihr Bruder Beezer können das aber nicht glauben: Sind doch alle Whitney Frauen bekannt für ihre Schwimmbegabung bis ins hohe Alter. Der Verdacht kommt auf, dass Cal Boynton, der Ex-Alkoholiker und gewalttätige Ehemann von Towners Stiefgroßcousine Emma, etwas mit Evas Tod zu tun haben könnte. Eine Rückblende erklärt die Zusammenhänge: May, Towners Mutter, hatte Zwillinge geboren, Towner und Lindley. Direkt nach der Geburt gab sie jedoch Lindley Evas Tochter Emma, da diese keine Kinder bekommen konnte. Dies entpuppte sich als fataler Fehler, denn Cal misshandelte nicht nur seine Ehefrau brutal, sondern verging sich auch an dem Mädchen. Ihre Großmutter Eva versuchte Lindley aus den Fängen des Adoptivvaters zu befreien und setzte alles daran das Sorgerecht einzuklagen - ohne Erfolg. Dafür zog sie sich den erbitterten Hass ihres Schwiegersohnes zu. Lindley aber litt unter der Gewalt so sehr, dass sie noch in jungen Jahren Selbstmord beging. Cal Boynton, scheinbar geläutert, gründete eine christliche Sekte, die "Cal"vinisten, und begann dubiose Exorzismen durchzuführen.

Wie eine Kriminalgeschichte entspinnt sich ein spannender Plot in Barrys Buch. Dabei ist die Handlung ständig durchzogen von den spirituellen und magischen Fähigkeiten der Whitney Frauen. Jedes Kapitel wird eingeleitet mit einem kurzen Auszug aus Eva Whitneys Buch "Das Spitzenorakel". Denn Eva betrieb nicht nur einen beliebten Teesalon, sondern verstand sich auch auf das Klöppeln und das Wahrsagen aus Spitzendeckchen. Diese Fähigkeit - und noch einige andere - beherrschen auch May, Lindley und die Protagonistin Towner. Spannend bis zur letzten Seite führt die Autorin den Leser tief in eine Welt aus Magie, aber auch Trauer, Gewalt und Missbrauch. Kann sich Towner mithilfe der Magie von der Trauer, um die verlorene Zwillingsschwester befreien? Was hat es mit ihren seltsamen Träumen auf sich? Und ist Cal wirklich Evas Mörder? Ein großes Familiengeheimnis beginnt sich aufzudröseln. Doch lesen Sie selbst!

Verwirrend in Brunonia Barrys Roman ist allerdings, dass die Autorin mehrmals unvermittelt die Erzählerperspektive wechselt, für den Leser wird der Sinn eines solchen Umsprungs leider nicht ersichtlich. Auch werden zum Ende des Romans hin nicht alle zuvor aufgebauten Gedankengänge und Handlungsstränge logisch zusammengeführt. Viele Fragen bleiben unbeantwortet im Raum stehen, Antworten werden nur angedeutet und manches zuvor Erwähnte vergisst die Autorin sogar völlig in den Gesamtzusammenhang einzuflechten, so scheint es.

Alles in allem hat Barry jedoch einen spannenden, mitreißenden und magischen Roman als Erstlingswerk vorgelegt, den es zu lesen wirklich lohnt, auch wenn er an manchen Stellen hätte gekürzt werden können.

Maria Merten
18.05.2009

 
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Das Buch:

Brunonia Barry: Die Mondschwimmerin. Aus dem Amerikanischen von Elke Link

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München: btb Verlag 2009
480 S., € 19,95
ISBN 978-3-442-75215-7

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