Romane

Marc Levy einmal ganz anders

Nach Millionen verkaufter Bücher aus einem Genre, das man getrost "Schnulze" nennen darf - ohne dabei eine Wertung vorzunehmen - überrascht Marc Levy mit einem Roman ganz anderer Art: "Kinder der Hoffnung" erzählt vom Schicksal der - häufig jugendlichen -  Widerstandskämpfer im von Deutschland besetzten Frankreich der 1940er Jahre.

Toulouse 1943. Raymond und sein jüngerer Bruder Claude - beide noch nicht volljährig - schließen sich der 35. Brigade der Résistance an und kämpfen fortan fast täglich Seite an Seite mit anderen Jugendlichen gegen die deutschen Besatzer und die kollaborierende französische Miliz. Die beiden Brüder und ihre Verbündeten Jacques, Charles, Boris, Rosine, Ernest, Marius, Enzo, François und Alonso kämpfen für ein freies Land, eine Zukunft ohne Hass und Gewalt, aber nur wenige von ihnen werden diesen Kampf im Untergrund überleben. Misstrauen und Bespitzelung sind an der Tagesordnung. Raymond und Claude überleben Folter, Angst, Einsamkeit und Gefängnis, so dass Raymond Jahre später ein Versprechen einlösen kann, das er seinem Freund Samuel auf dem Sterbebett gegeben hat: das Versprechen, ihre gemeinsame Geschichte und die Geschichte vom Kampf für Freiheit seinen Kindern zu erzählen. "Du sagst ihnen, dass wir für sie gekämpft haben. Du erklärst ihnen, dass nichts auf dieser Welt wichtiger ist als diese verdammte Freiheit, diese Hure, die fähig ist, sich dem Meistbietenden zu unterwerfen."

Raymond war kein geringer als Marc Levys Vater. Und er hat sein Versprechen eingelöst und dem Sohn seine Geschichte, wenn auch erst Jahrzehnte später, anvertraut, in der Hoffnung, dass dieser die richtigen Worte finden und sie dem Rest der Welt zugänglich machen würde. Marc Levy, einer der erfolgreichsten französischen Romanciers der letzten Jahre, traute sich lange Zeit nicht an diesen Stoff. Doch nach langer Recherche und Gesprächen mit den verbliebenen "Kindern der Hoffnung" entstand ein Roman, der ein eindringliches Plädoyer für Toleranz und Freiheit ist. Es klingen sogar Ideen von Lessings "Nathan der Weise" an, wenn Levy erzählt, wie Jugendliche verschiedener Nationalitäten - viele der Freiheitskämpfer stammten ursprünglich aus Spanien, Italien, Polen, Ungarn und Rumänien - und Religionen gemeinsam für ein Leben in Freiheit und Toleranz kämpfen.

In Frankreich hat Marc Levy mit seinem außergewöhnlichen Roman schon überzeugt: Über 500 000 Exemplare von "Les enfants de la liberté", so der Originaltitel, wurden bisher verkauft. Ob er auch das deutsche Publikum überzeugen kann, das von ihm bisher nur Liebesromane wie "Solange du da bist", "Wo bist du?", "Zurück zu dir" und "Bis ich die wiedersehe" an die Spitze der Bestsellerlisten katapultiert hat, bleibt abzuwarten. Aber Levys unverkennbares Talent, Menschen und Gefühle darzustellen und dem Leser nahe zu bringen, kommt auch in seinem neuesten Roman zum Ausdruck, so dass "Kinder der Hoffnung" auch in Deutschland bald auf den Bestsellerlisten stehen wird.

Sabine Mahnel
18.08.2008

 
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Das Buch:

Marc Levy: Kinder der Hoffnung. Aus dem Französischen von Bettina Runge und Eliane Hagedorn

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München: Knaur Verlag 2008
364 S., € 19,95
ISBN: 978-3-426-66301-1

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