Romane

Literatur, von der einem nach nur wenigen Sätzen ganz schwindelig wird

Hamburg, Sommer 2019. Alina ist neu an ihrer Schule, aber trotzdem gleich das coole Nerdgirl, denn sie hat eine eigene App programmiert: ein Mini-Social-Network nur für die 13. Klasse. Hätte ein perfekter Einstieg sein können - wäre ihre Mutter nicht nach dem Elternabend mit Herrn Carstensen im Bett gelandet, dem Vater des idiotischen Klassensprechers Corvin. Noch blöder, dass Alina und ihre Mutter, die als Berufs-Clown ihr Geld verdient, kurz darauf aus ihrer WG fliegen. Bei Dad ist kein Platz für sie, der hat noch drei andere Kinder und keine Lust, sich auch noch um Alina zu kümmern. Also muss sie mit Mama bei den Carstensens einziehen, was vollkommener Irrsinn ist. Weil Alina dummerweise keine andere Möglichkeit bleibt, stürzt sie sich kopfüber ins Patchworkchaos. Nicht ihre beste Idee.

Bei Corvin wohnen Spinnen und Riesentausendfüßler, seine Schwester Nina hat eine zweite Identität, und dann gibt es noch ein dunkles Familiengeheimnis, das bald schon alles auf den Kopf stellen wird. Bei den Carstensens läuft nichts so perfekt, wie es zunächst den Anschein hat. Nicht der einzige Grund, weshalb Alina ziemlich Frust schiebt: Wie sie zu ihrem Entsetzen feststellen muss, hat sich ein Troll in das soziale Klassennetzwerk "MUSC" eingeschlichen. Und der stänkert, wann und wo es nur geht. Alina ist kurz davor, die Krise zu bekommen. Das Problem bringt ihr zwar einen Workshop beim Startup "DNApp" ein, lässt ihre Chance auf ein Stipendium im kalifornischen Silicon Valley allerdings in fast unerreichbare Ferne rücken. Da bleibt wohl oder übel nichts anderes übrig, als zum Angriff zu blasen ...

Genuss pur zwischen zwei Buchdeckeln, außerdem ein Lektürevergnügen, das alles ist, aber ganz sicher nicht nullachtfünfzehn oder langweilig - die Bücher von Sebastian Stuertz haben definitiv das Zeug zum Klassiker auf den deutschen, wenn nicht gar internationalen Literaturmarkt. Mit "Da wo sonst das Gehirn ist" gelingt dem gebürtigen Niedersachsen, inzwischen Wahl-Hamburger (auch Designer, Regisseur und Musiker) ein Geniestreich, wie es ihn seit J.D. Salinger kein Autor mehr auf Papier gebracht hat. Stuertz nimmt uns mit auf die Achterbahnfahrt ins Erwachsenenleben, von der man sich wünscht, dass diese so schnell kein Ende nimmt. Ein schwindelerregend komischer und mitreißender Roman über Freundschaft, Liebe, Patchworkchaos und die größte aller Freiheiten, immer wieder neu anfangen zu können.

Was Sebastian Stuertz schreibt, macht regelrecht schwindelig. Seine Romane berauschen mindestens so genial wie Drogen, unterhalten aufs Grandioseste und begeistern wie kaum etwas anderes im Bücherregal - kurzum: sind ein Highlight im Leben jeden Lesers. "Da wo sonst das Gehirn ist" bedeutet eine Lektüre weit abseits des Mainstreams. Man kann die Story als eine Art "Der Fänger im Roggen" der Erwachsenenliteratur lesen. Das ist nicht nur absolut hit-, sondern sogar preisverdächtig!

Susann Fleischer 
12.09.2022

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Sebastian Stuertz: Da wo sonst das Gehirn ist

CMS_IMGTITLE[1]

München: btb Verlag 2022 352 S., € 22,00 ISBN: 978-3-442-75948-4

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.