Romane

Eine erschütternde Lektüre, die einen nicht mehr loslässt

Paulina Wilke ist auf der Flucht. Sie hat sich von ihrem Freund getrennt, aber der hofft auf eine Versöhnung. Da nutzt sie die Gelegenheit, nach Wien zu fahren, um dort für ihre Wahloma Antonia ein Erbstück abzuholen. Eine Schneekugel mit dem Wiener Riesenrad nimmt Paulina mit auf diese Reise. In der österreichischen Hauptstadt wird die junge Frau von Lena Brunner erwartet. Sie bewahrt seit vielen Jahren das Tagebuch einer gewissen Luzie Kühn auf. Paulina hat den Namen noch nie gehört, doch die tragische Geschichte der Sängerin lässt sie nicht mehr los, nachdem sie erst einmal mit dem Lesen angefangen hat. Die Einträge berichten von der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und von einer Liebe, die nicht sein durfte und doch unzerstörbar war.

Berlin, 1936: Luzie Kühn verdient ihr Geld in einem Varieté als sogenanntes Tingeltangelmädchen. Sie steht ganz am Anfang ihrer Karriere und träumt vom Rampenlicht. Doch Joseph Goebbels scheint sich für Luzie zu sehr zu interessieren. Als Jüdin fühlt sie sich nicht mehr sicher und verlässt Berlin in Richtung Wien. Die ersten Monate vergehen in einer unbeschwerten Leichtigkeit. Luzie verliebt sich in den charismatischen Bela Król und schwebt im siebten Himmel. Schon bald aber wird klar, dass Luzie auch in Wien nicht sicher ist. Das Hakenkreuz wirft seinen hässlichen Schatten bis nach Österreich. Dann gerät Bela in die Fänge der Gestapo. Luzie fürchtet nicht nur um sein Leben, sondern auch um das ihres Kindes, das sie unter dem Herzen trägt. Sie kämpft.

Paulina nimmt an dem Drama um Luzie regen Anteil, und mit ihr den Leser. Luzies Mut gibt auch Paulina endlich die Kraft, ihr Leben zu ändern und sich für die Liebe zu öffnen. Wenn Paulina mal nicht in Luzies Tagebuch versinkt, geht sie den Spuren der jungen Sängerin in Wien nach und bringt dabei ein Geheimnis zutage, das auch Auswirkung auf sie hat. Denn alles, was Paulina bislang geglaubt hat, ist eine Lüge. Als diese offenbart wird, stürzt Paulinas vermeintlich heiles Familienidyll in sich zusammen. Es platzt wie eine Seifenblase. Für Paulina die Chance für einen Neuanfang, oder ...?!

Ein Lesegenuss, der garantiert kein Auge lange trocken lässt - für die Romane von Teresa Simon braucht man gleich mehrere Packungen Taschentücher. Diese sind das schönste, grandioseste Lesegeschenk, definitiv ein Juwel in jedem Bücherregal. "Die Fliedertochter" bedeutet Poesie der besonders fesselnden Sorte. Die Story nimmt einen vollkommen gefangen, zieht einen ab der ersten Seite in seinen Bann. Die deutsche Autorin beherrscht die Erzählkunst geradezu meisterlich. Ihre Werke verführen zu einem Erlebnis für alle Sinne. Selten hat man sich nach einer Lektüre glücklicher gefühlt. Einfach nur überwältigend, außerdem absolut berauschend, wie Simon schreibt! Betörend-schönere Unterhaltung als mit ihren Büchern bekommt man nur selten in die Hand.

Mit ihren Geschichten gelingt Teresa Simon berührendstes Gefühlskino wie aus der Feder einer Kate Morton. Diese treffen mitten ins Herz. Nach nur wenigen Sätzen droht es einem zu brechen. Und sie besitzen eine Sogwirkung, der man sich partout nicht entziehen kann. "Die Fliedertochter" ist (Frauen-)Literatur zum Seufzen. Hier erfährt man Emotionen pur über viele, viele Stunden lang. Definitiv zum Niederknien, solch ein Vergnügen!

Susann Fleischer 
25.03.2019

 
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Das Buch:

Teresa Simon: Die Fliedertochter

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München: Heyne Verlag 2019 496 S., € 9,99 ISBN: 978-3-453-42145-5

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