Romane

Ein Lesevergnügen, von dem man nicht anders als restlos begeistert sein kann

Berlin im Sommer/Herbst 1989: Auf der Flucht vor dem Wehrdienst hat Fränge, Anfang zwanzig, seine Heimatstadt Bochum verlassen und genießt nun circa 500 Kilometer entfernt vom Ruhrpott das Leben in vollen Zügen. Er schlägt sich mit dem Verkauf von Campingkochern der Marke "Juwel" sowie Kneipenjobs vor und hinter dem Tresen einigermaßen durch. Und falls es mal eng werden sollte, sind da noch Förster und Brocki. Die reisen übers Wochenende über die Grenze und staunen nicht schlecht. Die Deutsche Demokratische Republik lohnt tatsächlich einen Besuch, wenn auch nur einen sehr kurzen. Das liegt aber vor allem an Rosa, Fränges Freundin. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und eine echte Berliner Schnauze. Sie bringt auch bei Förster so einiges in Unordnung.

Fränge, Förster und Brocki erleben zwei Biotope in ihren letzten Monaten: die Subkultur Westberlins und die Dissidentenszene im Osten - junge Leuten wie sie, die gerade ihren ganz eigenen Aufbruch organisieren. Aber auch zu Hause ist nichts mehr wie es mal war. Film, Musik, Klubs und Kneipen - alles jung und in Bewegung. Da kann man sich ausgezeichnet streiten, welche Welt mehr zu bieten hat: die tief im Westen oder die hinter der Mauer am anderen Ende des Landes. Ganz nebenbei versuchen sie irgendwie, dem Leben einen (tieferen) Sinn abzugewinnen. Allerdings leider mit eher mäßigem Erfolg. Zuerst gilt es, mal gründlich aufzuräumen, und das nicht nur in der Wohnung. Noch ehe Förster damit fertig ist, steht ein Trabbi vor seiner Tür. Der Beginn einer neuen Ära ...!?

Ein Literaturhit, der unbändige Lesebegeisterung über viele, viele Stunden auslöst - es gibt nur wenige Romane von solch einer Genialität wie "Kein Wunder". Frank Goosen gewinnt dem Ernst ganz viel Komik ab und andersrum. Zwischen absurdem Wortwitz und feiner Melancholie erweist sich der Autor erneut als brillanter Beobachter des Zwischenmenschlichen. Er schreibt in einer Liga mit Horst Evers, Marc-Uwe Kling und Co. Nur haben seine Geschichten einen ganz besonderen Twist und so viel Schwung, dass man von diesen regelrecht von der Couch gerissen wird. Goosens Erzählkunst entlockt uns das eine oder andere laute "Wow!". Diese erfreut einen im höchsten Maße. Vor lauter Leseeuphorie kriegt man sich gar nicht mehr ein. Also, sofort los zur nächsten Buchhandlung!

Frank Goosens Bücher muss man lesen, unbedingt! Wie kaum ein anderer (deutscher) Schriftsteller sorgt er für Unterhaltung weit abseits des Mainstreams. Dank ihm amüsiert man sich aufs Herrlichste. Und es ist endlich vorbei mit tristen, öden Lesetagen. Langeweile? Mit keinem Satz von "Kein Wunder"! Kaum aufgeschlagen, kennt der Spaß hier keine Grenzen mehr. Der Story fehlt es weder an Humor noch an Tiefgang, und ganz nebenbei erfährt man alles über die letzten Wochen der DDR aus dem Blickwinkel dreier Wessis. Absolut grandios!

Susann Fleischer 
18.02.2019

 
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Das Buch:

Frank Goosen: Kein Wunder

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Köln: Kiepenheuer & Witsch 2019 352 S., € 20,00 ISBN: 978-3-462-05254-1

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