Romane

Herzschmerzkino, das zu Tränen rührt und zugleich sehr, sehr glücklich macht

Susanna ist gefangen in ihrer Trauer um ihre Tochter. Vor einem Jahr ist Marie an Krebs gestorben, aber für Susanna ist es, als hätte sie erst gestern ihr einziges Kind beerdigt. Die Ehe mit Martin leidet unter dem Verlust. Man lebt aneinander vorbei. Dabei hätte Marie niemals gewollt, dass ihre Eltern sich in ihrem Schmerz zu verlieren drohen. Sie war der fröhliche Mittelpunkt der Familie, furchtlos, eine Abenteuerin. Ganz anders als Susanna. Als sie am ersten Todestag eine der Postkarten in die Hände nimmt, die Marie von ihren Rucksacktouren schickte, fasst sie einen Entschluss: Sie will Maries Spuren ihrer letzten Reise folgen. Martin hingegen versteckt sich lieber hinter seiner Arbeit, statt mit Susanna nach Neapel zu fliegen. 

Ein paar Tage später ist es vorbei: Susanna begibt sich auf eine Pilgerreise quer durch Europa. Zuerst geht es nach Italien. Dort wartet bereits eine von Maries Freundinnen auf Susanna. Sie zeigt der Lehrerin die Schönheit Kampaniens. Zusammen fahren sie zur Sibylle von Cumae. Von dem Orakel erhofft sich Susanna die Antwort auf das Warum. Warum musste ausgerechnet ihre geliebte Marie viel zu jung sterben? Doch die Priesterin bleibt stumm. Also reist Susanna weiter, unter anderem nach Paimpont in der Bretagne. Susanna begibt sich in den Wald Brocéliande, wo viele Begebenheiten aus der Sagenwelt von König Artus und seiner Tafelrunde spielen. Dann geht es weiter nach Glastonbury (der Legende nach Avalon) und Fanore Fánóir in Irland. 

Susanna begegnet bei ihrer "Wanderschaft" viele Menschen, deren Schicksale nicht leicht zu ertragen sind. Aber sie geben, im Gegensatz zu Susanna, nicht auf, für ihr Glück zu kämpfen. Da ist zum Beispiel Frieda. Sie hat erst ihr Kind, später ihren Mann und noch später zwei weitere Kinder zu Grabe tragen müssen. Auch wenn Fortuna es nicht gut mit ihr meinte, ist Frieda zumindest zufrieden mit ihrem Dasein. Susanna erkennt: Es ist eine Reise, die sie an ihre Grenzen bringt, sie ihre Tochter neu entdecken lässt - und überraschend auch sich selbst. 

(Frauen-)Literatur zum Verlieben - in Dagmar Hansens Romanen stecken Emotionen pur. Von diesen wird einem vor berauschendstem Leseglück ganz schwindelig. "Herzenswege" gehört zu den Büchern, die Leben verändern können. Es öffnet uns dem Blick für die Wunder in der Welt, außerdem für die Magie der Natur. Und es strahlt geradezu von innen heraus. Susannas Weg zurück ins Leben lässt niemanden unberührt. Kaum mit dem Lesen begonnen, hat man ganz feuchte Augen. Halten Sie besser gleich mehrere Packungen Tempos bereit! Die deutsche Autorin kann schreiben, so herzzerreißend als auch verführerisch wie eine Corina Bomann. Sie sorgt für Unterhaltung, die den Leser traurig stimmt, ihn aber auch so sehr zum Strahlen bringt wie kaum etwas anderes. 

Nur wenige Schriftstellerinnen beherrschen die Erzählkunst einer Dagmar Hansen. Die Geschichten aus ihrer Feder rühren zu Tränen, machen zugleich unfassbar glücklich. Während der Lektüre von "Herzenswege" bricht einem das Herz mehr als einmal. Was man hier in die Hände kriegt, ist betörend-schönstes Gefühlskino bis zum letzten Satz. Einfach nur seufz!

Susann Fleischer 
04.02.2019

 
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Das Buch:

Dagmar Hansen: Herzenswege

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Reinbek: rororo Verlag 2018 336 S., € 9,99 ISBN: 978-3-499-27312-4

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