Romane
Ein farbiges Gesellschaftsepos und die Geschichte einer unbezwingbaren Liebe
Sizilien, Anfang des 20. Jahrhunderts: Die bildschöne Maria wächst als Tochter des Anwalts Ignazio Marra in wohlbehüteten Verhältnissen auf. Ihre Eltern sind außergewöhnlich liberal und erziehen Maria zu einer eigenständigen Persönlichkeit. Doch die Marras leiden unter finanziellen Nöten. Ignazio Marra bleiben die Mandanten aus. Und das Jurastudium der beiden Söhne kostet viel Geld. Da tritt der reiche, deutlich ältere Bergwerksbesitzer Pietro Sala in Marias Leben. Ein Leben an seiner Seite würde für Maria das Ende aller Sorgen bedeuten. Als er um ihre Hand anhält, sagt das lebenslustige Mädchen ja - aus einer Mischung aus Neugier und Vernunft heraus. Aber Liebe? Marias Herz gehört einzig und allein Giosué, der als Ziehsohn in ihrer Familie aufwuchs.
Zunächst versucht Maria, Pietro eine gute Ehefrau zu sein. Sie gebärt ihm zwei Kinder, kümmert sich um den Haushalt und nimmt gesellschaftliche Pflichten wahr. Maria fühlt sich schon bald eingeschlossen in ihrem herrschaftlichen Zuhause, wie ein Vogel im goldenen Käfig. Währenddessen genießt Pietro das Leben und die Liebe. Er ist viel auf Reisen, geht mit dem Geld überaus verschwenderisch um und unterhält zu verschiedenen Frauen intime Beziehungen. Als der Lebemann aber immer mehr seiner Spielsucht anheimfällt, sucht Maria die Nähe von Giosué. Der Beginn einer jahrelangen heimlichen Liebe, die auch vor dem Hintergrund der bewegten Zeit immer gefährlicher wird. Giosué ist jüdischer Abstammung und kann sich schon bald seines Lebens nicht mehr sicher sein.
Dann ergreift Benito Mussolini in Italien die Macht. Die Rassengesetze treten in Kraft. Maria fürchtet um Giosué und um ihre Zukunft mit ihm. Während im Großteil Europas der Zweite Weltkrieg tobt und Juden in Konzentrationslager deportiert werden, wagt Maria alles, um Giosué in Sicherheit zu wissen. Aber selbst in diesen schlimmen Zeiten finden Maria und Giosué Momente der Zweisamkeit, denen allerdings schon bald ein jähes Ende droht. Denn Marias verhasste Schwägerin ahnt, dass Maria ihrem Ehemann nicht treu ist. Marias Geheimnis könnte sie in ein großes Unglück stürzen, und ebenso ihre Kinder und alle, die sie liebt ...
Ein Leseerlebnis voller "la dolce vita" - die Romane von Simonetta Agnello Hornby nehmen den Leser mit auf eine Reise nach Italien. Während der Lektüre von "Der Jasmingarten" glaubt man sich für ein paar Stunden tatsächlich auf der Insel Sizilien. Das vorliegende Buch zu lesen, ist wie ein Kurzurlaub im sonnigen Süden. Was man hier in die Hände kriegt, ist Literatur auf höchstem Niveau, ganz großes Gefühlskino wie aus der Feder einer Stefanie Gerstenberger. Zwischen zwei Buchdeckeln stecken Leidenschaft und außerdem Emotionen pur. Nach nur wenigen Sätzen droht einem hier das Herz zu brechen. Die Autorin sorgt für ein Lesevergnügen der schönsten Sorte. Ihre Bücher sind die reinste Verführung, eine Versuchung, der man partout nicht widerstehen kann.
Einfach zum Niederknien gut sind Simonetta Agnello Hornbys Geschichten. Ab der ersten Seite von "Der Jasmingarten" verliert man sich mit allen Sinnen in der Story und vergisst über solch einen grandiosen Lesegenuss sogar die Welt vollkommen um sich herum. Hier erfährt man Erzählkunst mit berauschender Wirkung. Absolut betörend schön schreibt Agnello Hornby. Seufz!
Susann Fleischer
06.11.2017