Krimis & Thriller

Atemlose Dark-noir-Hochspannung bis zum Schluss

Frode Sander Øien ist in seiner Heimat Norwegen ziemlich bekannt. Allerdings nicht als Thrillerautor. Man kannte ihn dort bisher im Wesentlichen als Singersongwriter, als Künstler, Bühnenautor und Romanschriftsteller. Seit 2013 kennt man ihn auch als Samuel Bjørk und damit als gefeierten Thrillerautoren, dessen erster Thriller nicht nur hymnisch besprochen sondern auch gleich in 20 Länder verkauft wurde. Glücklicherweise wurde sein Roman auch nach Deutschland verkauft und ist kürzlich im Goldmann Verlag erschienen. Ein Glücksgriff für Verlag und Leser.

Die 89 meist kurzen Kapitel sind auf sieben Teile aufgeteilt und entwickeln sich nach einem fulminanten Start im ersten Kapitel, dem fund einer Mädchenleiche, die mit einem Kleidchen und einem Schulrucksack zurecht gemacht und mit einem Springseil in einen Baum gehängt wurde, durch einen Spaziergänger, nach der dann folgenden sehr gelungenen Einführung des Ermittlerduos, bestehend aus Holger Munch und Mia Krüger, dass zu einer Sondereinheit gehört und zugleich dessen schilerndste Charaktere darstellt, zu einem atemberaubenden Thriller, der nicht nur mit unerwartenden Wendungen zu überraschen weiß sondern auch unglaublich gut geschrieben ist.

Bjørks bzw. Øiens Stil merkt man seine Erfahrung mit verschiedenen Ausdrucksformen an und auch dass er genau weiß was er tut, obwohl er von einigen Wendungen und Verknüpfungen beim Schreiben selbst überrascht wurde, wie er in einem Interview selbst sagte. Obwohl Øien/Bjørk aufgrund des heiklen Themas ganz bewusst darauf verzichtet hat, Gewalttaten detailliert zu beschreiben, gelingt es ihm faszinierend durchchoreographierte Bilder in Dark-noir-Stimmung zu zeichnen. Diese Bilder lehnten sich für mich an den sehr schön fotographierten Bildern der amerikanischen Psychothrillerserie Hannibal an, da ich mich durch Mia ein wenig an den Profiler William Graham erinnert fühlte. Heißt es doch über Mia, dass ihre besondere Gabe bzw. Ermittlungstechnik darin besteht, das Innere der Augen der Menschen in ihrer Umgebung sehen zu können und sich aufgrund einer sehr hohen Empathiefähigkeit in die Rolle des Täters hineindenken zu können.

Während des ersten Teils stellt sich dank einer Entdeckung Mias heraus, das sich Holger Munch und sein Team mit einem Serienmörder konfrontiert sehen und es beginnt eine Jagd bei der die Ermittler nicht nur gegen den extrem intelligenten Mörder und gegen die ihnen ständig zwischen den Fingern zerrinnende Zeit antreten müssen, sondern auch persönlich immer weiter in den Fall und seine Aufklärung verstrickt werden.

Der, während des atemlosen Umblätterns und dem Wunsch schneller lesen zu können, auftauchende Gedanke, diesem Ermittlerteam noch einmal bei der Lösung eines Falles zu schauen zu dürfen, wird sehr wahrscheinlich erfüllt, da Øien/Bjørk bereits an einem weiteren Band schreibt, dessen Setting sehr sehr vielversprechend klingt. Ob er mit seinem zweiten Band das Niveau des ersten halten kann, bleibt abzuwarten, denn mit Engelskalt ist ihm ein Thriller der Extraklasse gelungen.

Sven Zerbes
18.05.2015

 
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Das Buch:

Samuel Bjørk: Engelskalt

München: Goldmann 2015
544 S., € 12,99
ISBN: 978-3-442-48225-2

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