Krimis & Thriller

Eile mit Weile - und mit Ebbelwoi!

Zum zehnten Jahrestag seiner Beziehung mit Maria beschließt Simon Schweitzer seiner Dauerfreundin ein ganz besonderes Geschenk zu machen, nämlich einen individuell gefertigten Ebbelwoi-Krug aus dem "Bembelparadies" in der Wallstraße. Für Nicht-Frankfurter sei gesagt, dass es sich dabei um ein Gefäß zur Aufbewahrung von Apfelwein handelt. Nichts ahnend ist Simon im Begriff, den Laden im Herzen Sachsenhausens zu betreten, als er von einem markerschütternden Schrei der Inhaberin getroffen wird. Die hat nämlich einen herrenlosen Finger in ihrem Laden gefunden. Als wenig später der dazugehörige Leichnam im verschrumpelten und angekohlten Zustand im Brennofen gefunden wird, ist klar, dass Sachsenhausens anerkanntester und erfolgreichster Privatdetektiv Simon Schweitzer vor einem neuen Fall steht.

Simon Schweitzers Schöpfer Frank Demant feiert mit der vorliegenden zehnten Sachsenhäuser Kriminalgeschichte "Das Grauen im Bembelparadies" ein kleines Jubiläum, das von seinen Lesern mit einem oder gerne auch mehreren Schoppen des guten Stöffchens begossen werden sollte. Vor zehn Jahren debütierten Frank Demant und sein Lebemann Simon Schweitzer mit "Immer horche, immer gugge" im südlichsten Frankfurter Stadtteil. Dabei ging der Autor damals mit einer mehr als bescheidenen Startauflage von 300 Exemplaren an den Start. Heutzutage würde eine solche Anzahl kaum ausreichen, um auch nur die ersten Tage nach Erscheinen eines neuen Simon-Schweitzer-Romans zu überstehen!

Frank Demants Erfolgsstory mit Simon Schweitzer ist eng verknüpft mit der seines eigenen Verlags, dem sogenannten Röschen-Verlag. Den Ursprung der sonderbaren Namensgebung kann der interessierte Leser gegebenenfalls bei einer der zahlreichen im Rhein-Main-Gebiet veranstalteten Autorenlesungen in Erfahrung bringen. An dieser Stelle sei nur so viel verraten, dass eine womöglich naheliegende Liebe Demants zu schönen Blumen nur sehr wenig dazu beigesteuert hat. Frank Demant bezeichnet seinen Verlag als den erfolgreichsten Selbstverlag aller Zeiten der deutschen Literaturgeschichte. Zu Beginn seiner Autorenkarriere hatte Demant einst schlechte Erfahrungen mit Verlegern gemacht, sodass er den Alleingang wagte und schließlich aus der Not eine Tugend machte.

Im vorliegenden Roman ist, wie man sich gut vorstellen kann, ganz Sachsenhausen ob der nicht identifizierten Leiche wieder mal in allerhöchster Not. Oberkommissar Schmidt-Schmitt kann daher nicht anders, als explizit die Dienste des privaten und bewährten Ermittlers einzufordern. Simon heftet sich sogleich ohne Rücksicht auf Verluste an die Fersen der potentiell Verdächtigen. Aufgrund der begrenzten Zugangsmöglichkeiten zu besagter Bembelmanufaktur gerät rasch eine ehemalige Aushilfe in den Mittelpunkt seiner Ermittlungen, der schnöselige Jüngling Sebastian deWitte. Die arg verworrenen und irritierenden amourösen Affären von dessen Freundin Dora Rutke scheinen Simon Anlass genug, auch ihr und ihrem Liebesleben ein wenig intensiver auf den Zahn zu fühlen. Simon scheut dabei wie immer kein Risiko und manövriert sich heldenhaft auf das Gelände der ehemaligen Henninger Brauerei, wo er auf eine weitere Leiche stößt und der Fall selbst für Sachsenhausens Nummer Eins zu einer ganz großen Herausforderung wird.

Bei aller Ernsthaftigkeit rund um den kriminalen Kern seines Romans versteht es Frank Demant wie gewohnt, gezielte Angriffe auf die Lachmuskulatur seiner treuen Leserschaft zu fahren. Als Simon von seiner Freundin Maria genötigt wird, die eigentlich für sie von der Polizei vorgesehene und mit Richtmikrofon ausgestattete Handtasche zu tragen, sorgt er nicht nur für die Lacher beim befördernden Taxifahrer. Simons Versuche, in einen Club auf der Hanauer Landstraße zu gelangen und seine ausgiebig beschriebenen und ungelenken Versuche, auf das ehemalige Henninger Areal zu gelangen, sind selbst für eingefleischte Kenner der Figur Simon Schweitzer absolute Highlights der Serie.

Mit dem Auftreten von Karlo Kölner, der wie einst Hitchcock in seinen eigenen Filmen eine kleine Gastrolle am Rande erhält, bindet Frank Demant die Figur seines Autorenkollegen Peter Ripper ein, dessen Karlo-Kölner-Romane aus dem Frankfurter Osten ähnlich erfolgreich sind wie diejenigen Demants aus dem Stadtteil, in dem der Ebbelwoi das Lebenselixir seiner Bewohner ist. Dass am Ende von "Das Grauen im Bembelparadies" der im Krankenhaus und im Delirium liegende Simon Schweitzer den Polizeibeamten des Rätsels Lösung zuflüstert, ist durchaus als Novum in der perfekten Fallaufklärungshistorie Simon Schweitzers zu bezeichnen.

Um lesbaren Nachschub brauchen sich die Fans des Sachsenhäuser Privatdetektivs keine Sorgen zu machen. Laut Auskunft des Autors existieren bereits einige weitere potentielle Geschichten im Kopf des Schöpfers. Zwar lässt sich Frank Demant für seine scheinbar strikt auf 180 Seiten limitierten Bücher jeweils ziemlich genau ein Jahr Zeit, doch scheint man einem verlegenden Autor respektive einem schreibenden Verleger diese Zeit einfach einräumen zu müssen. Denn überanstrengen, das lehrt einen bereits Simon Schweitzer eindrucksvoll, soll man sich ja schließlich auch nicht!

Christoph Mahnel
22.07.2013

 
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Das Buch:

Frank Demant: Das Grauen im Bembelparadies

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Frankfurt am Main: Röschen Verlag 2013
180 S., € 9,95
ISBN: 978-3-940-90818-6

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