Krimis & Thriller
Neues aus dem Sachsenhäuser Mikrokosmos
Frank Demant, ein Frankfurter Bub und ehemaliger Taxifahrer, hat vor einigen Jahren seinen Beruf an den Nagel gehängt, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Dass dies ein sehr guter Entschluss war, hat er nun zum wiederholten Male bewiesen: Mit "Verschollen im Taunus" ist die sechste Sachsenhäuser Kriminalgeschichte um den mit viel Müßiggang und Weisheit gepuderten Privatier und Privatdetektiv Simon Schweitzer erschienen. Natürlich ist auch wieder der gesamte und äußerst illustre Freundeskreis Herrn Schweitzers mit am Start: seine Lebensgefährtin, die Künstlerin Maria von der Heyde, Oberkommissar Schmidt-Schmitt und die Saufkumpanen Buddha Semmler, Weizenwetter & Co. aus den Stammkneipen Frühzecher und Weinfaß. Sogar dem Nackten Jörg kommt am Ende des Buches noch ganz entscheidende Bedeutung zu!
Für alle Nicht-Frankfurter sei kurz erklärt, dass es sich bei Sachsenhausen um den Stadtteil im Frankfurter Süden handelt, der sowohl für exklusives Wohnen als auch für entspanntes Amüsement in den ansässigen und zahlreich vorhandenen Äppelwoi-Kneipen bekannt ist, für letzteres mitunter auch berüchtigt.
Nachdem in vorangegangenen Klassikern wie "Geiseldrama in Dribbdebach", "Opium bei Frau Rauscher" und "Mord im Ebbelwei-Express" die Handlung vorrangig zwischen Lerchesberg, Affentorplatz und Schweizer Straße angesiedelt war, verrät bereits der Titel des vorliegenden Buches, dass sich Herr Schweitzer und seine Schar über die Grenzen Sachsenhausens und Frankfurts hinausbewegt haben, und zwar in den nahegelegenen Taunus. Notgedrungen versteht sich natürlich: Herrn Schweitzer hatte nämlich ein an sich ungefährlich aussehender Job als Double eines russischen Multi-Milliardärs zwischen einer explodierten Gartenlaube in der Nähe von Oberreifenberg und einem geköpften osteuropäischen Auftragskiller erwachen lassen.
Frank Demant verknüpft gelungen den heldenhaften Überlebenskampf des Protagonisten mit den doch eher holprigen und unkoordinierten Bemühungen von dessen Freunden, ihn noch lebend wiederzufinden. Was Demants nicht ganz ernst gemeinte Kriminalepisoden vorrangig lesens- und unterhaltenswert macht, ist sein ganz persönlicher und eigener Schreibstil, der die auf maximale Entspannung ausgelegte Lebens- und Denkweise Simon Schweitzers glänzend widerspiegelt. Simon Schweitzer löst seine Fälle seit jeher souverän auf jeweils 150-170 Seiten und kennt in seiner auf einer Unmenge an Lebenserfahrung basierenden, aber doch eher unstrukturierten Ermittlungsarbeit dementsprechend auch keine Kapitelgliederungen. Natürlich sind Demants Geschichten rund ums Äpplerviertel zunächst einmal für Frankfurter und Sachsenhäuser von Interesse, aber auch darüber hinaus finden sich Interessenten, bekommen doch Vogelsberger und Offenbacher ihr Fett weg, letztere ziemlich regelmäßig im Zehn-Seiten-Takt.
Im vorliegenden Buch werden die offensichtlichen Parallelen zu real existierenden Personen sogar auf globaler Ebene gezogen. Schließlich hat der von Herrn Schweitzer gedoubelte russische Öl- und Energie-Mogul Alexander Michailovitsch kein geringeres reales Abbild als den steinreichen Gazprom-Eigner und Besitzer des Chelsea Football Club, Roman Abramowitsch. Glücklicherweise konnte ein Einsteigen Michailovitschs bei der Frankfurter Eintracht gerade noch rechtzeitig verhindert werden, obwohl die Verhandlungen mit Präsident Pierre Angler, nicht zu verwechseln mit dem aktuellen Eintracht-Präsidenten Peter Fischer, schon im Gange waren. Eingefädelt wurden sie übrigens von Giovanni Gondalo, einem Ex-Eintracht-Profi und hauptberuflichen Autoschieber, dessen reales Pendant als Maurizio Gaudino bereits im vergangenen Jahrtausend mit der Frankfurter Eintracht „Fußball 2000“ zelebriert hatte.
Leider kennt der deutsche Buchmarkt nur sehr wenige solch illustre und erheiternde Schriftsteller und Charaktere wie Demant und Herrn Schweitzer. Unglücklicherweise lässt Demant seine Leser mit Neuerscheinungen stets ein wenig zappeln und dass das Lesevergnügen aufgrund der Dünne des Buches nach wenigen Stunden bereits schon wieder vorbei ist, sollte schlussendlich in Protestaktionen begeisterter Simon Schweitzer-Leser münden, die einfach nur mehr davon verlangen!
Christoph Mahnel
16.03.2009