Krimis & Thriller

Ein neues Krimijuwel von Franzobel, dem Rockstar unter Österreichs Schriftstellern

Wien, 6. September 2024. Es ist ein Freitag. Und der Barbesitzer Malte Dinger ist nicht nur in Feierabendlaune. Er ist das, was man einen großen Glückspilz nennt. Zumindest noch ... Sein Geschäft floriert, sein Sohn gerät prächtig und sogar seine Ehe ist glücklich. Doch es braucht nur einen Augenblick, um Maltes Leben zu ruinieren. Auf dem Weg zum Besichtigungstermin für einen Schrebergarten sieht er sich zwei Fahrscheinkontrolleuren gegenüber und landet wenig später in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Schwarzfahren, versuchter Betrug, Widerstand gegen die Staatsgewalt. Malte hat ziemlich schlimmen Ärger am Hals. Ähnlich wie Kommissar Groschen, den ein Mord vor ein Rätsel sowie unter Ermittlungsdruck stellt. Das Opfer ist der Balkan-Casanova Branko, ein Ganove mit Herz für bestbetuchte Rentnerinnen.

Alles darauf hin, dass Branko es bei seinen speziellen Sexspielchen zu weit getrieben hat. Groschens Kollegen würden den Fall so bald wie möglich ad acta legen. Der Kommissar hingegen glaubt nicht an einen Unfall. Irgendetwas stimmt an diesem Fall ganz und gar nicht. Dumm nur, dass seine Vorgesetzten ihm kein Wort glauben wollen. Also muss Groschen eben auf eigene Faust auf die Suche nach dem Killer gehen. Wäre nicht das erste Mal. Derweil mahlen die Mühlen der Justiz für Malte Dingers Geschmack zu langsam. Aber er hat trotzdem Hoffnung, schon bald den Knast verlassen zu dürfen. Jedenfalls, bis sein Zellenkumpel tot am Strick gefunden wird. Kommissar Groschen wird auch auf diesen "Vorfall" angesetzt. Und dem ist klar, dass in der Sache "Malte Dinger" nichts mit rechten Dingen vor sich geht.

Groschen kann sich über zu wenig Arbeit nicht beschweren. Zum Glück für ihn, ebenso für Malte Dinger ist er verdammt gut in seinem Job. Und tatsächlich entdeckt er eine heiße Spur. Das Verhältnis Brankos zu der lustig gewordenen Witwe des Bau-Tycoons Hauenstein bringt dann die Machenschaften der neuen rechtsnationalen Regierung ans Licht, die den bevorstehenden Opernball als Propagandaspektakel inszenieren will. Plötzlich ist Polen offen ...

Ein Krimihit, der Fans von Thomas Raab und Co. schier ausflippen lässt vor lauter Lesefreude - "Rechtswalzer" von Franzobel überrascht mit einer Extraportion spritzigeren Humor und skurriler Einfälle, außerdem mit 1a-Ermittlungsarbeit à la Agatha Christies Hercule Poirot. Die Story ist definitiv und ohne jeden Zweifel die reinste Wundertüte. Was für ein Geniestreich in der Krimiwelt! Also auf zur nächsten Buchhandlung! Die Romane des österreichischen Autors bedeuten ein Zeitvertreib weit abseits des Mainstreams. Wer auf der Suche nach dem besonderen Leseerlebnis ist, wird endlich fündig. Franzobel beweist einmal mehr: Er ist ein unübertreffbarer Wortejongleur. Wie nur wenige andere seiner Zunft spielt er so gekonnt, so wild und turbulent mit der (deutschen) Sprache, dass einem ganz schwindelig wird.

Mit seinen Büchern gelingt Franzobel ein Krimispaß, der alles ist, aber ganz sicher nicht nullachtfünfzehn. "Rechtswalzer" sorgt für Begeisterungsausbrüche beim Leser. Denn dieses Vergnügen überzeugt dank einer genialen Mischung aus Sprachwitz, Situationskomik und Spannung. Hier hat man für keine Lesesekunde auch nur den Hauch von Langeweile. Außerdem Muskelkater vom Dauerschmunzeln. So muss amüsanteste Unterhaltung, von der man partout nicht genug bekommen kann, unbedingt immer sein.

Susann Fleischer
25.02.2019

 
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Das Buch:

Franzobel: Rechtswalzer. Kriminalroman

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Wien: Zsolnay Verlag 2019 416 S., € 19,00 ISBN: 978-3-552-05922-1

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