Krimis & Thriller

Bruno et ses amis

Im beschaulichen Périgord wartet ein neuer Fall auf Bruno, den "Chef de police" von Saint-Denis. Rasant nimmt die Geschichte mit einer Rallye ihren Anfang. Da Annette, einer Freundin Brunos, kurzfristig der Beifahrer abhandengekommen ist, übernimmt Bruno höchstpersönlich diesen Job und leidet dabei Höllenqualen. Die zeitgleich zur Rallye stattfindende Oldtimer-Parade hat viele Autoliebhaber aus Nah und Fern angezogen, dabei ist immer wieder die Rede von einem verschollenen Oldtimer, der das Interesse einiger ehrgeiziger Zeitgenossen in Anspruch genommen hat. Insbesondere Sylvestre, ein reicher Elsässer, und sein Geschäftspartner Freddy gewinnen nicht nur die Rallye, sondern haben wohl auch bei der Suche nach dem sagenhaften Bugatti Type 57 SC Atlantic die Nase vorn. Allerdings sind sie scheinbar auch gewillt, dafür über Leichen zu gehen.

Martin Walkers Bruno-Reihe geht mit der dieser Tage veröffentlichten Neuerscheinung "Grand Prix" bereits in die neunte Runde. Anno 2008 war Walkers Bruno-Debüt erschienen, seitdem bringt der Autor in präziser Taktung Jahr für Jahr im Frühling einen neuen Fall heraus. Es ist Walker dabei gelungen, seinen begeisterten Lesern Land und Leute des Périgord näher zu bringen, die der Schotte selbst so sehr liebt, dass er seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlagert hat. Sein eigener Alltag ist somit der perfekte Input für die Geschichten rund um Bruno und dessen Freunde. Walkers Faible für Geschichte sorgt darüber hinaus dafür, dass stets eine wahre historische Begebenheit in die Story eingeflochten wird. Am Ende ergibt sich schließlich eine wunderbare Mischung, die gleichsam liebenswert, unterhaltsam und spannend daherkommt.

Im vorliegenden Buch konzentriert sich das Interesse einiger Personen auf einen ganz besonderen Oldtimer, einen Bugatti Type 57 SC Atlantic, von dem in den dreißiger Jahren insgesamt nur vier Autos gebaut wurden. Die Spur eines Exemplars hat sich leider in den Kriegswirren irgendwo im Herzen Frankreichs verloren. Die Recherchen einiger Historiker scheinen darauf hinzuweisen, dass dieses Auto damals in Einzelteile zerlegt worden war und in einer Scheune im Périgord eingelagert wurde. Man stelle sich nur vor, dass sich diese Teile wieder fänden und zusammensetzen ließen, dem Finder wäre ein zweistelliger Millionenbetrag sicher. Somit lässt sich die kriminelle Energie erklären, mit der der eine oder andere diese Jagd bestreitet, und dies alles vor Brunos Haustür.

Doch auch über die Geschichte hinaus tut sich so einiges in Brunos Leben. Während seine Liaison mit der ortsansässigen Pamela weiter abkühlt, taucht mit Isabelle erneut Brunos große Liebe in Saint-Denis auf, was Bruno stets aufs Neue aufwühlt. Doch der nette Charmeur hat seine Fühler schon wieder anderweitig ausgestreckt. Neue Dame, altes Muster: Martine heißt die Auserwählte, mit der Bruno so manch amouröse Stunde verbringt. Die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft mit der umtriebigen Madame scheint jedoch sehr gering. Es bleibt somit weiterhin spannend im Leben des Bruno Courrèges. Abgesehen davon überzeugt er wieder als patenter Hüter von Recht und Ordnung, wenn er zwei Jugendliche, denen die schiefe Bahn droht, ganz individuell am Schlafittchen packt, um sie zurück auf Spur zu bringen.

Die Bruno-Reihe ist mittlerweile schlicht Kult und aus dem jährlichen Rhythmus vieler Leser nicht mehr wegzudenken. Jedes Jahr im späten Frühling, wenn die Tage länger werden und die Sonne die Gemüter streichelt, erscheint ein neues Lesevergnügen mit Bruno und seinen Freunden. Genau in diese Kerbe schlägt auch wieder "Grand Prix", das mit der Rallye zwar rasant startet, der eigentliche Fall aber weder Fahrt aufnimmt noch essentiell für die Story ist. Stattdessen erfreut man sich als Leser vor allem wieder an den individuellen Charakteren im Umfeld des Ortspolizisten, an leckeren Schlemmertafeln und am französischen Lebensgefühl des "savoir vivre". Es bleibt inständig zu hoffen, dass die erwähnte Produktionstaktung des Martin Walker, der in diesem Jahr schließlich schon seinen siebzigsten Geburtstag feiert, weiter aufrechterhalten wird. Zumindest für das kommende Jahr scheint dies gesichert zu sein, da das stets mit einem knappen Jahr Vorlauf erscheinende Original in diesem Sommer schon mit Numero Zehn und einer Geschichte zu den Templern ins Rennen geht.

Christoph Mahnel
22.05.2017

 
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Das Buch:

Martin Walker: Grand Prix. Aus dem Englischen von Michael Windgassen

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Zürich: Diogenes Verlag 2017
384 S., € 24,00
ISBN: 978-3-257-06991-4

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