Kinder- & Jugendbücher

Ein eindringliches Dokument der deutschen Geschichte

Argentinien, März 1952: Der Zweite Weltkrieg hat auf der ganzen Welt tiefe Wunden hinterlassen und die Ordnung ziemlich zerrüttet. Das Nachbeben von Adolf Hitlers Schreckensherrschaft ist in dem Örtchen La Plata noch immer zu spüren. Dorthin ist die Familie Blume geflohen, nachdem die Alliierten in Deutschland einmarschiert sind und dem finsteren Treiben der Nazis endlich ein Ende gesetzt haben. Wenn sie dort geblieben wären, dann hätte der Familienvater gewiss mit seinem Leben dafür gebüßt, dass so viele Juden in Konzentrationslagern ermordet wurden. Doch stattdessen genießt er zusammen mit seiner Frau und dem 17-jährigen Sohn die Freiheit in Südamerika und wagt dort einen Neuanfang, der allerdings immer wieder von der Vergangenheit überschattet wird.

Tom Blume ist ganz neu in La Plata und bringt sich bereits am ersten Tag an seiner neuen Schule, dem "Colegio Friedrich", in ziemliche Schwierigkeiten. Er gerät plötzlich zwischen zwei Fronten, als er versucht, eine Rauferei zwischen zwei Schülern zu beenden, und sich auf die Seite der Juden stellt - und das als Sohn eines Kriegsverbrechers und ehemaligen Adjutanten der SS. Tom erfährt viel zu spät, dass aus Platzgründen Kinder von jüdischen Emigranten zusammen mit Kindern geflohener Nazis lernen, und muss hilflos mit ansehen, wie durch seine Schuld ein Krieg in der Klasse "Mozart" entbrennt. Nichtsdestotrotz ergreift der Junge Partei für seine jüdischen Mitschüler und tut so, als sei auch er Jude.

Mitschülerin Walli ist schuld an dieser ungeheuren Lüge. Tom hat sich auf den ersten Blick in sie verliebt und lässt nichts unversucht, um ihr Herz zu erobern. Seinen wahren Familienhintergrund verschweigt er lieber - aus Angst, Walli könnte sich von ihm abwenden. So nimmt ein Drama seinen Lauf und droht, nicht nur Tom ins Unglück zu stürzen, denn die Wahrheit drängt immer mehr ans Tageslicht und möchte um jeden Preis erzählt werden. Eine Katastrophe scheint unausweichlich und zerstört alles, was Tom lieb und wert ist ...

Einen (Jugend-)Roman wie "Das Paradies der Täter" darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Hier erlebt man ganz große Gefühle und fesselnde Spannung auf solch großartige Weise, dass man glaubt zu träumen. Jürgen Seidel ist ein Geschenk des Himmels, denn seine Bücher berühren jedes Herz und lassen kein Auge trocken. Seine Geschichten sind allesamt ein Zeitdokument, das in seiner Intensität und Sprachgewalt nahezu einmalig ist. Bei der Lektüre bekommt man am ganzen Körper eine Gänsehaut, die auch dann nicht vergeht, wenn man längst auf der letzten Seite angekommen ist. Seidel bringt Poesie zum Klingen und versteht es, den Leser von Anfang an zu packen. Eben Unterhaltung, die absolut betörend ist.

Jürgen Seidel schreibt sensationell gute Geschichten, die voller Emotionen und Leidenschaft stecken, aber auch den Schrecken des Nationalsozialismus beeindruckend heraufbeschwören. In "Das Paradies der Täter" wagt der deutsche Autor einen tiefen Blick in die Seele Jugendlicher, die damals eine andere Art von Kampf auszustehen hatten. Dieser Roman ist ein (literarisches) Meisterwerk.

Susann Fleischer 
06.05.2013

 
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Das Buch:

Jürgen Seidel: Das Paradies der Täter

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München: cbj Verlag 2013
400 S., € 16,99
ab 12 Jahren
ISBN: 978-3-570-15577-6

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