Kinder- & Jugendbücher

Schöne neue Ersatzwelt

Wer hätte ihm das glauben sollen? Frank beobachtet beim Joggen im Wald die Landung eines UFO`s. Von Freunden und der Familie verspottet, geht er der Sache nach – und verschwindet spurlos.

Seine vier Freunde sind alarmiert und nehmen die Spur auf. Dabei stolpern sie in ein im Wald verstecktes Raumschiff und damit in ein phantastisches Abenteuer. Offenbar entführen Außerirdische sie in eine ferne Galaxie. Doch weder nehmen die bizarren Wesen an Bord Notiz von ihnen, noch entfernen sie sich von der Erde. Das Raumschiff verschwindet in den Tiefen des Ozeans. Der Ozean als Rückzugsgebiet für Außerirdische?

Am Zielort angekommen – einer Stadt unter Wasser – erleben die vier Freunde eine vollständig automatisierte Umgebung, in der die einzigen "Lebewesen" umherhuschende "Mülleimer" sind. Doch mehr und mehr entsteht der Eindruck einer von Menschen erdachten und errichteten Welt. Eine Stimme begrüßt sie in ihrer Sprache, eine Gondel bringt sie durch dichten Urwald, der offensichtlich der Sauerstoffproduktion dient, in gigantischen Plantagen arbeiten Roboter als Erntehelfer. Den Kindern drängt sich die Frage auf, was ein Lebewesen eigentlich ausmacht. Was unterscheidet noch so perfekte Maschinen vom Menschen. Endlich soll sie ein eiförmiges Gebilde, das Fortbewegungsmittel in dieser Welt ist, zu Frank bringen. Unversehens geraten die Freunde zwischen die Fronten eines mörderischen Konfliktes, dessen Zusammenhänge undurchsichtig und verwirrend sind. Bizarre Kunstobjekte versuchen sich der Kinder zu bemächtigen, sie zu entführen, sie zu beschützen. Wer oder was lenkte diese Roboter, die sie verfolgten, begleiteten, belehrten? Immer wieder sagten sie sich, dass Roboter nur stupide lernen konnten. Und doch schienen viele Reaktionen menschlichen Gefühlen analog zu laufen.

Allmählich begreifen die Freunde, dass sich verschiedene Robotertypen erbitterte Kämpfe um die Vorherrschaft über diese schöne, neue Reservewelt lieferten. Sie erfahren Sinn und Zweck dieser Ersatzwelt – und sind entsetzt: Politiker und Wissenschaftler der mächtigsten Nationen beurteilen den Fortbestand des Planeten Erde als höchst gefährdet – Rohstoffmangel, verseuchte Gewässer, sterbende Wälder, dramatische Klimaveränderungen, Ozonloch, Bevölkerungsexplosion – und haben sich einen alternativen Lebensraum für ca. 5.000 Menschen geschaffen. Dafür wurde eine auf der normalen Erde unvorstellbare Technik entwickelt. Schließlich erfahren die Kinder auch von der Existenz der Zivilen Roboter und der GMR, der Gesetzlosen Militärischen Roboter. Während die "Zivilen" bedingungslos dem Menschen untergeordnet waren, fehlte den GMR diese Programmierung, um sie militärisch nutzbar zu machen. Bedingt durch Eigenbau und eine rasante evolutionäre Entwicklung hatten sie einen Grad der Perfektionierung erreicht, der sie in dieser künstlichen Zukunftswelt die Oberhand gewinnen ließ. Die "Zivilen" arbeiteten im Untergrund weiter an dem Erhalt der Ersatzwelt, die GMR jedoch hatten das Löschprogramm eingeleitet. Bald merken die Kinder, dass die zivilen Roboter keinerlei Interesse an ihrer Rückkehr auf die Erde haben. Die GMR dagegen, bei denen sich Frank aufhält, wollen die Kinder mit ihrem Wissen um den Verrat ihrer Politiker zurückschicken. Nach der geplanten Vernichtung der Kunstwelt und dem Untergang der realen Welt , wollen die hochentwickelten GMR als "natürliche" Nachfolger der Menschen die Herrschaft über die ruinierte Erde übernehmen.

Die Freunde sind entsetzt und empört über die Vorstellung einer Herrschaft gefühlloser Roboter, auch dann noch als ihnen ein GMR auf einem Monitor eindringlich zeigt, wohin menschliche Gefühle – Hass, Neid, Habgier, Machtstreben – führen.

Nachdem durch unglückliche Umstände das Raumschiff auf eine mehrmonatige Exkursion geschickt wurde, sieht der GMR nur noch einen unglaublichen, ungeheuerlichen Weg zurück. Zurück in der Zeit durch ein Wurmloch, das heißt die direkte Linie, die Abkürzung innerhalb eines gekrümmten Raumes. Auf diese Weise wurde man schneller als das Licht und das bedeutete ein Rückwärts in der Zeit. Es kommt fast zur Katastrophe, als der GMR doch noch alles daran setzt sich und die Kinder zu retten. Auf die Frage, warum er alles daran setzte sie zu retten antwortet er ihnen zu ihrer Verblüffung, dass er nicht sterben wollte.

Durch das ganze, von der ersten bis zur letzten Seite spannende Buch, zieht sich als Leitmotiv eine Frage, die die Kinder immer wieder eindringlich bewegt: Kann die Maschine den Menschen ersetzen? (Wo sind die Grenzen, wenn ein Roboter Angst vor dem Sterben hat, wenn der "Memminder" das menschliche Hirn mit dem kompletten Wissen des Internet verbinden kann? Sind nicht die Roboter im Vorteil, wenn sie nicht andauernd über menschliche Gefühle stolpern?

Schlüter lässt die Kinder eine Antwort auf ihre Fragen finden. Sie spüren zum Schluss, was den GMR trotz aller offensichtlichen Vorteile fehlt: Eine Seele und die Fähigkeit der Handlung aus dem Bauch heraus. "Der Mensch war fähig zu unlogischen und unvernünftigen Handlungen – weil sie menschlich waren". Und diese Botschaft gibt Hoffnung und Zuversicht, dass der Mensch letztendlich doch in der Lage sein wird, die Erde zu retten. Denn da sind ja auch noch Gefühle wie Liebe, Achtung, Geborgenheit und Vertrauen

rok
01.08.2002

 
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Das Buch:

Andreas Schlüter: UFO der geheimen Welt

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München: DTV 2002
284 S., € 8,00
ISBN: 3-423-70697-X

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